Momente eines Monats

Mir schwirrt der Kopf vor so vielen Themen über die ich gerne schreiben möchte. Gebt mir 100 Seiten und das reicht dann gerade so, um die Ereignisse des letzten Monats zu schildern. Dabei sind es noch nicht einmal diese, sondern die vielen Gedanken und inneren Prozesse, die mich beschäftigen. Also kremple ich meine imaginären Ärmel hoch und lasse Euch teilhaben an meinem inneren und äußeren Erleben.

1. Urlaub. Diesmal nicht in Tasmanien, auf Ko Tao oder in New York. Sondern auf dem Bauernhof. Ganz simpel. Mit Kleinkindern die beste Wahl. Kurze Anfahrt, keine klimatische Umstellung (ja, der mitteleuropäische Sommer hat uns mit viel Regen und Wind verwöhnt), kein Überangebot an Freizeitbeschäftigungen. So hatten wir Zeit in intensives Familienleben einzutauchen, dem Wind und dem Regen zu lauschen, Hasen zu füttern, Bücher zu lesen, Wein zu trinken, mit dem Traktor durch den Wald zu tuckern, im Schwimmbad böse Buben zu verjagen und mit der Kutsche durchs mittelalterliche Dinkelsbühl zu poltern. Eine neu-alte Leidenschaft ist in dieser Woche neu entflammt. Und zwar:

 

 

 

2. Das Joggen. Ich hatte mir im Zuge meiner zähen Abnehmbemühungen vorgenommen, jeden Tag zu joggen. Normalerweise werden mir solche Vorsätze schnell zur Last und ich ziehe sie nur durch, um mir selbst und vor anderen keine Blöße zu geben.
Ich schnüre meine Laufschuhe und trabe dem Wald entgegen. Das Laufen ist eine ungewohnte Belastung für meinen Körper. Ich bin völlig aus der Form. Der Wald verschluckt mich. Und ich befinde mich in einer anderen Welt. Irgendwann habe ich meinen Rhythmus gefunden. Ok, jeder altersschwache, fußlahme Esel ist schneller als ich. Aber was zählt ist die plötzlich in mir aufwallende Freude an der Bewegung, die wohltuende Einsamkeit, die Natur, die mich wie eine wohlig-mollige Decke einhüllt. Dazu ruhiger Worship aus dem Ipod – und das schnöde Joggen wird zum geistlichen Erleben.  Der Wald wird mir zum vertrauten Freund, zum Fluchtpunkt, um dann hinterher neu aufgeladen zu meiner Familie zurückzukehren. Vor einigen Monaten empfand ich jegliche Art der Bewegung als zusätzliche körperliche Belastung und vermied sie. Hatte ich Zeit, so flüchtete ich aufs Sofa. Ich wollte nur ausruhen. Aber nun ist mir das Joggen zur echten Kraftquelle geworden. Es saugt mich nicht aus, sondern ist eine Oase in meinem stressigen Alltag. Jeder Aspekt meines Wesens braucht seine Tankstellen: mein Geist, meine Gefühle, meine Seele und ja, eben auch mein Körper. Ist alles im Einklang (ok, das gelingt mir echt nur selten), dann könnt ich Bäume ausreißen!

Meine morgendliche Joggingstrecke

3.  Die Drei-Punkte-Regel. Im Urlaub erstellte ich eine Liste mit 10 Dingen, die mir wirklich wichtig sind und die ich gerne tue…oder tun würde, wenn Zeit keine Rolle spielen würde. Dann strich ich alles von der Liste bis auf die drei Dinge, die mir meiner Meinung nach am Wichtigsten erscheinen. Und denen ich all meine Kraft, meine Aufmerksamkeit und meine Zeit widmen will. Ich spürte nämlich, dass ich mich langsam aber sicher verzettelte. Mit allen möglichen Aktivitäten und Hobbys und Plänen. Ich musste meine To-Do-Listen und Hobbys einer radikalen Entschlackungskur unterziehen. Übrig blieb Folgendes:

  • Das emotionale, physische und geistige Wohlergehen meiner Kinder
  •  Meine Ehe
  • Um den dritten Platz kämpfen momentan die Jugendarbeit und die Fotografie. Bin gespannt, was gewinnt!

4. Ich liebe es, die Entwicklung meiner Mädels hautnah zu erleben. Josefine hat im Urlaub von null auf hundert das Robben gelernt. Und eine Woche später folgt nun das Krabbeln. Sie kommt mir manchmal vor wie eine Flasche Mineralwasser, die zu lange geschüttelt und dann geöffnet wurde. Immer in Bewegung, immer am Übersprudeln! Ganz anders als ihre große Schwester, die in der Entwicklung ihrer Fortbewegungsmöglichkeiten sich viel Zeit ließ.
Und Amelie (die mittlerweile laufen, krabbeln, robben, klettern, hüpfen kann)kommt in die Fragephase. Das muss man sich in etwa so vorstellen:
“Mama, wo ist der Papa?”
“Auf Arbeit.”
“Mamaaa, wooo ist der Papaaa?”
“Auf Arbeit. In Weinsberg.”
“Maaamaaa, sag, wo ist der Papaaa?”
(Langsam zweifle ich am Verstand meiner Tochter und reagiere ganz leicht ungeduldig): “Auf Arbeit, Kind!”
“Mama, wo ist der Papa??”
“Der ist geplatzt.”
So bringe ich das Mundwerk meiner Erstgeborenen für kurze Zeit zum Stillstand. Es steht nämlich relativ selten still. Es geht früh los mit selbstkomponierten Liedern und endet abends im Bett, wenn sie ihren Puppen Bärengeschichten erzählt.

So gehen die Tage dahin und ich will all das wertschätzen, was ich habe und was mir widerfährt. Heute gelang mir das nicht. Meine Mädels sind krank und die Nächte sind entsprechend anstrengend. Aber es braucht nur einen kurzen Blick aufs Weltgeschehen und meine Perspektive kommt wieder ins Lot. Ich bin gespannt, was die nächsten Wochen uns bringen. Und ich werde Euch daran teilhaben lassen. Versprochen.

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