Zerstört Social Media unseren gesunden Menschenverstand?

Wie werden wir später diese Zeit nennen, die mit den sozialen Medien anbrach?

Vielleicht die „Scrolling-Ära“? 

Oder das „Zeitalter der Empörung“? 

In letzter Zeit stelle ich mir die Frage, ob der Schaden, den die sozialen Medien verursachen größer ist als der Nutzen, den wir daraus ziehen können. 

Ein Therapeut berichtete mir neulich sichtlich erschüttert, dass die Zahl von jungen Mädchen (und auch Jungs) mit Essstörungen explosionsartig zunimmt und er beschuldigt unter anderem die sozialen Medien. Hey, dabei waren doch die 90er das Zeitalter der Ess-Störungen. Es geht echt noch schlimmer? Ich las einen Artikel, der studienbasiert darlegt, dass seit der breiten Einführung des Smartphones die Zahlen psychisch erkrankter Jugendlicher in die Höhe schießt. 

Hmm, ein Schelm, wer Böses denkt. 

In meinem Buch Coffee & Jesus (lasst euch von dem süßlichen Titel nicht irritieren) beschäftigte ich mich ebenfalls mit Social Media: 

„Als ich mich vor einigen Jahren naiv in den sozialen Medien anmeldete (kann sich noch jemand an StudiVZ erinnern?), betrat ich einen Bummelzug, der an Fahrt gewann. Immer mehr Leute stiegen zu und es ist – gelinde gesagt – mittlerweile etwas ungemütlich. Personen schreien ihre Meinungen ungefragt quer durchs Abteil. Andere zeigen ihren Sitznachbarn Bilder ihrer süßen, gestylten Babys in beigen Boho-Lofts. Man hat nur für diesen einen Moment trainiert, in dem man seinen Kardashian-Hintern  in knappen Hotpants durch die Sitzreihen trägt. Manch ein Passagier hat Schwierigkeiten, aus der Meinungs-Kakophonie wahre Fakten herauszufischen. Und ich stehe eingezwängt am Rand, um mich herum ist es ohrenbetäubend laut, schrill und meine Aufnahmekapazität ist erschöpft. Wenn noch ein Passagier mit blümchenumrankten, aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelversen um sich wirft, schmeiße ich mich auf den Boden und schreie. 

Nun, fragst du mich, warum steigst du nicht einfach aus? Eine berechtige Frage. Ich stehe selbst kopfschüttelnd vor einem Massenphänomen, das ein die Kontrolle verloren hat.“

Die letzten zwei Wochen holte ich mir die Kontrolle zurück. Das Handy lag meistens gelangweilt und ungenutzt auf dem Schrank herum. 

Meine Seele atmete auf, sie wanderte umher in Ecken und Winkeln, die Staub angesetzt hatte und holte Dinge hervor, die lange vergessen waren. 

Nun habe ich gestern mal wieder einen Blick in die Insta-Bubble gewagt und möchte mein Handy nicht nur wieder auf den Schrank legen, sondern in das tiefste Loch der Erde werfen. 

Kurz als Erklärung für alle, die nicht in der christlich-evangelikalen Szene unterwegs sind: Seit geraumer Zeit werden die Themen Gender, LGBTQ+, usw. hochgekocht. Die einen sehen darin das Ende des guten christlichen Abendlands und eine gefährliche links-grün-versiffte antigöttliche Agenda. Andere hinterfragen rigides Bibelverständnis, ringen um ihren Glauben und teilen manchmal auch heftig aus. 

Besonders schlug mir ein Post einer Influencerin auf den Magen, in der sie den gegenwärtigen offeneren Umgang der Kirche mit LGBTQ+-Themen mit der Nazi-Ideologie gleichstellte und diese Aussage mit einem Bild aus dem Dritten Reich von EKD-Mitgliedern mit erhobenen Armen unterstrich. (Geht gar nicht. Überhaupt null-nullinger nicht.)

Ich bin so müde, Leute. So, so, so unendlich müde. Der Bummelzug ist entgleist.

Nützen uns die sozialen Medien? Oder richten sie mittlerweile nur noch Schaden an?

Sie verleiten zu unreflektierten Postings, zum virtuellen Zuschlagen, zur Berechtigung sich über jeden und alles zu empören, zum Ausleben des eigenen Neo-Pharisäertums. 

Ich mag nicht mehr. 

Deshalb wende ich den sozialen Medien den Rücken immer stärker zu. Wenn du von mir erwartest, dass ich bei jeder Erschütterung der christlichen Insta-Bubble mitmische, muss ich dich enttäuschen. Wenn du hier schon länger mitliest, dann kennst du meine Einstellungen und Positionen und …

5 Kommentare zu „Zerstört Social Media unseren gesunden Menschenverstand?

  1. Liebe Veronika, ehrlich gesagt bin ich sehr froh, wenn ich das lese, dass ich diesen Menschen nicht auf Instagram folge. So kann ich nämlich ab und zu in mein Instagram rein schauen, ohne wahnsinnig zu werden. Vielleicht ist die Lösung ja einfach, nur wenigen, ausgewählten Accounts zu folgen? Dann lese ich nur das, was mir gut tut oder mich sachlich informiert. Liebe Grüße, Sarah

  2. liebe veronika, ich freue mich immer von dir zu lesen…..und zu sehen wie du die bodenhaftung nicht aus den augen und aus dem herz verlierst…..
    herzlichst
    annette
    p.s. ich mache eine haltbare salatsosse….falls du interesse hast, melde ich gerne 🙂

  3. Hallo Veronika,
    ich kann dich soooo gut verstehen.
    Ich höre und schaue geziehlt hin, was ich mir und meiner Seele antue. Da bin ich sehr minimalistisch. Es scheint wirklich so, als würden so viele Menschen hinter ihren Masken heraus poltern und raus hausen, was geht.
    Also Minimalismus ist mein Zauberwort, Daran halte ich mich zu 90 Prozent.
    Du erfrischst mich immer wieder. 🙂
    Nicht müde werden….
    wir brauchen dich 🙂 nicht das jetzt Druck entsteht.
    Auch der gehört hier nicht hin.
    Komm gut durch deine frühen Morgenstunden, die auch etwas sehr friedliches haben können. 😉
    Susanne
    P.S.
    Annette ich wüsste gerne wie deine haltbare Salatsoße geht. 🙂

    Meine ähnelt deiner Veronika, bei mit kommt Senf, Ahornsirup und Zwiebeln dazu, wenn man
    die pürirt wird sie schön sämig.
    Und jetzt lasst uns die Abkühlung genießen, 🙂

    1. hallo susanne, gerne lasse ich das rezept hier….eigentlich mit dem thermomix gekocht, allerdings mache ich das ohne thermomix und das klappt auch supergut
      200 gr. Balsamico hell, 250gr.Wasser, 40 gr. Erythrit o.Zucker, 20 gr. Salz,20 gr. Gemüsebrühe zusammenrühren und 6 min kochen lassen, dann 200 gr. Schmand, 20 gr. Senf, 200gr. Rapsöl dazugeben und nochmal aufkochen lassen. Anschließend Gewürze dazu: Pfeffer, Paprika, oder Curry, oder wie du es magst. Ich mische auch noch getrocknete Salatkräuter dazu, dann muss nochmal alles durchkochen. Das kannst du allerdings so machen wie du es magst und auch wenn du die Soße verwendest noch dazugeben.Alles in kleine Flaschen abfüllen und auf den Kopf stellen, wie bei Marmelade. Ich lagere sie im Kühlschrank, hält ewig, wenn sie nicht gleich verwendet wird, wie bei uns 😉 Mittlerweile verdreifache ich das Rezept
      Viel Spaß und herzliche Grüße
      Annette

      1. Danke Anette,
        ich werde das heute mal ausprobieren.
        Wir lieeeeeben Salat. 🙂

Kommentar verfassen