Vor einer Woche las einen Artikel von meiner Alltime-Favorite-Autorin Shauna Niequist. Sie berichtete über ihre tägliche 15-minütige Schreibpraxis. Kurz zusammengefasst: Du schreibst fünf Minuten unzensiert über das, was wehtut. Fünf Minuten über deine tiefsten Sehnsüchte und Wünsche. Fünf Minuten wofür man dankbar ist. Punkt.
Ich habe das sechs Tage lang nachgemacht und dann auch wieder aufgehört. Weil: Ich halte solche Dinge nie durch. Aber diese Schreibpraxis führte zu einem Ergebnis. Ich stellte nämlich fest: Ich sehne mich zutiefst danach, für ein paar Tage in die Natur verschwinden – mit ihr zu VERSCHMELZEN! Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Zögern und Hadern und Bedenken zu ignorieren und eine Sache einfach zu machen. Ein Dank an dieser Stelle an meine Impulsivität. Also fragte ich meine jüngste Tochter:” Hast du Lust auf eine dreitätige Trekkingtour, mein Kind? Wir werden im Wald schlafen. Uns Zecken holen. Kompost-Toiletten benutzen. Keine Dusche. Kein W-LAN. Wir werden Durst leiden und schwitzen und unsere Schultern werden höllisch schmerzen. Klingt das nicht nach einem fantastischen Abenteuer?”
Die jüngste Tochter war überzeugt.
Ich buchte zwei Nächte in Natur-Trekking-Camps (sehr zu empfehlen!) im Naturpark Obere Donau und ich kratzte eine unprofessionelle Ausrüstung zusammen, die jeden Trekkingprofi hätte erschaudern lassen.
Schweres Zelt: Check
80er-Jahre-Schlafsäcke: Check
Sperrige Isomatten: Check
Aber hey: Es braucht keine 300-Euro-Wanderstiefel und kein Ultraleichtzelt für eine kleine Trekkingtour. Erstmal klein anfangen und wenn man dann beschließt, dass als nächstes eine Alpenüberquerung dran ist, kann man ruhig mehr Geld investieren.
Als wir in Sigmaringen unsere Rucksäcke aufschnallten, grinsten wir fröhlich-nervös in die Kamera für Beweisfotos. Wir zogen das wirklich durch. Mein Kind, das früher nie freiwillig mehr als 500 Meter gelaufen ist! Und ich, die ich die letzten Jahre dachte, dass ich für solche Unternehmungen zu alt bin. Haha! Ich durfte die folgenden drei Tage lernen, dass ich immer noch auf dem Waldboden schlafen kann und durchaus in der Lage bin, 12 km mit Marschgepäck ohne größere Mühe zu absolvieren.
Das Wandern hat etwas Seltsames an sich. Die Welt perlt von einem ab. Zukunft und die Vergangenheit lösen sich auf und was bleibt ist das Sein. Das Sehen. Das Hören. Jeder Schritt ein Gebet. Jeder Atemzug eine Bitte. Jeder Schluck Wasser ein Dank. Weite Strecken stapften wir schweigend nebeneinander her. Dann wieder entzückten wir uns über den Fuchs, der auf einer Wiese Mäuse jagte. Wir reichten einander Wasserflaschen, halfen uns gegenseitig beim Zeltaufbau, entfernten einander Zecken. Staunten über Felsformationen und erzählten uns Geschichten. Ich las ein ganzes Buch über digitalen Minimalismus (und plane mit Hilfe einiger Tools, meine Online-Zeit drastisch zu reduzieren) und meine Jüngste tauchte ab in ihren E-Reader. Für unsere Tagesstrecken brauchten wir Ewigkeiten, weil wir an jedem schönen Ort stehenblieben oder weil ich mal wieder die Blumen am Wegesrand fotografieren musste oder weil ich Tannenspitzen und Sauerklee verspeiste.
Unseren Wasservorrat mussten wir stark rationieren, nur einmal kamen wir an einem Friedhof vorbei, wo wir Trinkwasser abzapfen konnten. Körperhygiene und Abwasch mussten hinten anstehen. Was die jüngste Tochter kein bisschen störte. Am dritten Tag klingelte ich sogar bei wildfremden Menschen und bat sie, unsere Wasserflaschen aufzufüllen, was meiner Tochter ein wenig peinlich war. Aber was sie lernte: Menschen freuen sich, wenn sie helfen können.
Meine sechs Tipps für eine gelungene Trekking-Tour für Anfänger (und mit Kindern):
- Wähle Strecken mit moderaten Höhenmetern. Das Tagespensum sollte zwischen fünf und acht Kilometern liegen. Plane Abkürzungsmöglichkeiten mit ein (Am letzten Tag haben wir die restlichen drei Kilometer per Bus zurückgelegt).
- Du brauchst für den Anfang keine Hightech-Wanderausrüstung. Leihe dir die Ausrüstung aus. Ich hatte z.B. keine Wanderstiefel. Meine Sportschuhe taten es auch.
- Ziehe dich zeckensicher an. Das bedeutet lange Hosen, die man in die Socken stopfen sollte. Wir sind mit kurzen Hosen gewandert (dick eingesprüht mit Zeckenspray) und haben fünf kleine “Souvenirs” mit nach Hause gebracht.
- Besorge dir eine gute Wanderkarte. Erstens: Nicht überall hast du Netz. Zweitens: Es tut gut, das Handy stecken zu lassen und altmodische Skills wie Kartenlesen wiederzubeleben.
- Wasser, Wasser, Wasser. Plane vorab deine Wasser-Auffüll-Stopps. Friedhöfe, natürliche Quellen und öffentliche Einrichtungen sind gute Anlaufstellen. Oder einfach bei wildfremden Menschen klingeln.
- Packe so leicht wie möglich. Du brauchst nicht jeden Tag neue Kleidung. Betrachte dein Trekking-Abenteuer als ein Experiment in Sachen Extrem-Minimalismus. Du wirst staunen, mit wie wenig man zufrieden sein kann.
Vielleicht packst du diesen Sommer auch deinen Rucksack und stürzt dich in ein Mini-Abenteuer. Ich kann es von Herzen empfehlen!
PS: Ich habe etwas neues für dich im Shop: Selbstgefertigte Linoldrucke! Inspiriert von meinen Streifzügen durch die Natur. Jeder Druck ist ein Unikat und von mir signiert. Außerdem gibt es noch jede Menge Bücher. Vielleicht brauchst du ja für deinen Urlaub (oder Trekkingtrip) noch Lektüre…..


Ich hoffe unser Knirps entdeckt auch irgendwann die Liebe zum Wandern im Wald und Gelände. Auf jede Fall hast du tolle Bilder geschossen. Ich bin auch sehr gern in der freien Natur. Zeit für sich selbst ist in dieser Zeit einfach unbezahlbar.
Hi Veronika, na sowas! Grüße von Burg Wildenstein. Wir kommen gerade von unserer Wanderung an der oberen Donau und waren im Kräutergarten Inzigkofen. Übernachten auf der Burg.
Hab meinen Augen kaum getraut, als ich die Fotos sah 🙂
Da wären wir uns fast mal wieder über den Weg gelaufen!
Wirklich total schön hier.
Viele liebe Grüße Angela