Nürnberg, Silvester und Herzenspflegeprogramme

Fast hätte ich den Jahreswechsel verschlafen. Ich muss zugeben: Ein Silvesterknaller bin ich nicht. Früher war das anders. Aber heute ziehe ich ein feines Schläfchen dem fröhlichen Treiben vor. Um Silvester trotz allem einen anderen Anstrich zu verleihen, fahren wir als Familie gerne irgendwohin (wo ich dann besagtem Schläfchen auf einer harten Jugendherbergsmatratze frönen kann).

Irgendwohin war dieses Jahr Nürnberg. Und zu meinem Entzücken mussten wir um 12 Uhr nachts noch nicht mal das Zimmer verlassen, da wir im Turm neben der Burg wohnten und vom Fenster aus das Feuerwerk gefühlt bis München sehen konnten. Ja, ich hätte sogar im Bett liegen bleiben können, auch von dort war die Sicht ganz hervorragend!

Zum ersten Mal in meinem Leben gelang es mir sogar, Feuerwerk auf die Kamera zu bannen! Ich hab das schonmal versucht. Im Jahr 2001 und 2005. Aber damals hatten entweder Stativ oder Fotografin leichte Schlagseite. Es tut mir also leid, dass du nun die nächsten Minuten durch meine Aufnahmen scrollen musst bis es im Text weitergeht.

Puh, nach so viel sinnloser Böllerei (die Autokorrektur schlug mir soeben Völlerei vor, was auch sehr nah an der Wahrheit liegt), brauchten wir ein nüchternes Kontrastprogramm. Was gibt es Nüchterneres als das Reichsparteitagsgelände und das Zeppelinfeld in Nürnberg?

Es gibt wahrhaftig schönere Rituale für den Jahreswechsel als eine Gruseltour durch den Wahnsinn vergangener Zeiten.

Ich habe zum Jahresende zwei neue Rituale eingeführt:

  1. Ich las alle Einträge meines Tagebuchs des letzten Jahres und war erstaunt darüber, wieviel ich schon vergessen hatte. Vor allem all das Schöne und Gute! Dem Menschen (oder mir) scheint es in der Natur zu liegen, das Dunkle in den Aktenschränken der Erinnerung ganz nach vorne zu stellen. Man muss schon ein bisschen kramen, um auf Lichtmomente und Durchbrüche und Erfolge zu stoßen. Aber es lohnt sich! Vielleicht mach ich nächstes Silvester eine Tagebuch-Party. Jeder darf Passagen aus seinem Tagebuch vorlesen. Das stell ich mir wie eine Art gemeinsame Suche nach den Schätzen des vergangenen Jahres vor. Wie wäre das?

  2. Nach der überbordenden, wunderbaren Fülle der Advents- und Weihnachtszeit sehnte ich mich nach Ordnung und Entrümpelung. Es juckte mich in jeder Faser meines Körpers, etwas ausmisten zu wollen. Ich wählte als Objekt meiner Entrümpelungslust das Arbeitszimmer. Mit Entzückung zerrte ich alles aus den Schränken und gab Dinge weg und ordnete alles so, dass ich bei spontaner Schaffenslust die Materialien mit nur einem gezielten Griff zur Hand nehmen kann. Zwei Tage später war es geschafft. Eine Mülltonne ist gefüllt und drei Säcke stehen bereit für den Second-Handladen. Es ist schon komisch mit mir. Ich fühle mich glücklich, wenn mein Besitz schrumpft und überfordert, wenn er wächst (Was übrigens nicht auf Bücher zutrifft. Da bin ich unersättlicher Gierschlund). Das Ausmist-Virus traf übrigens nicht nur mich, sondern auch meinen Mann und ein Kind. Wunder geschehen.

Für das neue Jahr habe ich mir wie immer nichts vorgenommen. Halt….warte mal. Doch. Eine Sache. Aber an der bin ich schon seit Monaten dran. Ich brauche wahrhaftig keinen Jahreswechsel um neue Richtungen einzuüben.

Ich kümmere mich immer besser um mein eigenes Herz. Und das soll auch 2023 ganz besonders im Fokus stehen.

Mein Herzenspflegeprogramm:
Jeden Tag etwas Bewegung, die ich mag und mich nicht triggert.
Ausreichend Schlaf.
Pausen.
Freundschaften pflegen.
Immer weniger Alkohol.
Immer weniger Zucker.
Und nahrhaftes Essen.

Nach den letzten drei Punkten lechze ich zur Zeit besonders stark. Auch das macht die Fülle der Weihnachtszeit mit mir: Mein Körper verlangt nach diesen opulenten Tagen nach Gemüse und Obst und Kräutertee. Ich möchte für die nächsten 11 Monaten keine Schokolade mehr sehen (oder sagen wir ehrlicherweise bis Ende Januar).

Ich baue dieses Jahr öfter mal neue Rezepte ein. Diese Woche: Naturreis mit gedämpftem Spinat und Terryaki-Tofu mit Erdnuss-Sauce. Ich war die einzige, die begeistert war. Meine Mädchen mümmelten ihre Portion mit auffällig wenig Begeisterung. Aber hey, ich rechne ihnen ihr Vertrauen in meine Kochkünste hoch an!

Nächste Woche Spitzkohlsalat?

Draußen bewegt sich für diese Jahreszeit zuviel. Meine Zierquitte schiebt in Erwartung eines warmen Aprils die ersten Blüten aus den Knospen und auch der Flieder kann sich kaum mehr zurückhalten. Vorgestern sah ich eine schlaftrunkene Hummel durch den Garten taumeln und ich wollte ihr zurufen: Zu früh! Zu früh! Geh wieder schlafen! Es ist in den letzten Jahren für mich zur Normalität geworden, die Wetter-App mit großer Anspannung zu studieren. Ich hoffe, der Winter kommt zurück. So richtig streng mit Frost und Schnee und Eis.

Wir gönnen uns noch ein paar wenige Pyjama-Tage. Tage, an denen wir bis in den späten Vormittag hinein im Schlafanzug auf der Couch vor dem Feuer gammeln. Wir spielen unsere neuen Spiele, die wir zu Weihnachten bekommen haben und lesen uns durch Bücherstapel. Man muss ab und zu ganz herrlich unproduktiv sein. Ich lasse diese langsamen Tage ungern los.


Nun ist dieses neue Jahr wie die erste Seite eines Tagebuchs bereits beschrieben. Was da bei dir wohl drinnen stehen mag? Wahrscheinlich viel Alltägliches.
Oder auch schon die ersten Lichtmomente?
Oder doch eher etwas Schweres?

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6 Kommentare zu „Nürnberg, Silvester und Herzenspflegeprogramme

  1. Liebe Veronika! Wie schön, dass Dir und euch der Jahreswechsel hier bei uns in Nürnberg gefallen hat. Ich sende Dir die besten Wünsche für 2023! Und den Sternsinger-Segen, den meine Gruppen morgen verteilen, schicke ich Dir gleich noch hinterher. Liebe Grüße, Kristina

  2. Wir machen mit unseren Kindern schon seit einigen Jahren die Tagebuch Party an Silvester. Erst ein kleines Brainstorming, welche Erinnerungen wir an das vergangene Jahr haben und danach aus Tagebüchern vorlesen. Dabei durchleben wir allerlei Emotionen……aber es macht uns am Ende jedesmal Dankbar, für soviel Gutes

  3. Liebe Veronika, danke für deinen wie immer sehr inspirierenden Beitrag. Am besten hat mir die Sache mit “etwas Bewegung jeden Tag” gefallen, Ich tendiere immer zu “Alles oder Nichts” und überfordere mich damit selbst. Jeden Tag “etwas” Bewegung erscheint mir viel machbarer-und stressfreier.
    Trotz spätem Kommentar wünsche ich dir und deiner Familie alles Liebe und Gottes Segen im neuen Jahr!

  4. Liebe Veronika,
    ich kann dir in Anlehnung zur Tagebuch-Party auch ein “Danke”-Glas sehr empfehlen: Mein Mann, meine Tochter und ich schrieben an jedem Sonntag des Jahres ein kleines Zettelchen mit je einer Sache, für die wir in der vergangenen Woche dankbar waren oder worüber wir uns gefreut hatten, und warfen sie zusammengefaltet in ein Einmachglas. Am Silvesterabend mischten wir mal kräftig durch und lasen uns dann zusammen alle Zettelchen durch. Das war wirklich eine gute Sache!
    Das mit der Wetter-App kenne ich auch … ich will es weniger machen, da es mich echt stresst zu sehen, wie krass das Wetter/ der Klimawandel die Natur beeinflusst. Bin auch ein ausgeprägter Gartenmensch und da fällt einem so etwas viel stärker auf als anderen.
    Genauso bin ich auch ein Bücher-Nimmersatt ;o)
    Und wirklich tolle Fotos vom Feuerwerk hast du da gemacht!

  5. Liebe Veronika, ein gutes neues Jahr wünsche ich dir! Danke für deinen ehrlichen und humorvollen Artikel. Das wäre mal was, Silvester zu schlafen…
    Diese Tagebuch-Party finde ich eine tolle Idee! Das nehme ich gerne mit als Vorsatz fürs neue Jahr. Und da ich vorhabe mir ein Bulletjournal anzulegen wird das mit aufgenommen 😀
    Viele liebe Grüße Doro

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