Ich habe drei Kisten mit Weihnachtsdeko und jedes Jahr schwöre ich mir, dass ich gnadenlos ausmisten werde. Aber ich bringe es nicht übers Herz, die selbstgebastelten Engel und Nikoläuse und Sterne aus der Kindergartenzeit in die kalte Mülltonne zu werfen. Also dürfen sie noch ein Weilchen bleiben.
Wenn du jetzt aber denkst, dass der Inhalt dieser drei Kisten in unserem Haus jeden Quadratmeter besetzt, hast du dich getäuscht. Die meiste Weihnachtsdeko bleibt mit den Kindergartensternen in der Kiste. Mit den Jahren dekoriere ich immer weniger. Und weniger. Ich finde Gefallen an der Schlichtheit. Das Überfrachtete, das Auge ermüdende erschlägt mich.
Da halte ich mich gerne an Coco Chanel, die sagte: „Werfen Sie einen Blick in den Spiegel, bevor Sie das Haus verlassen, und legen Sie wenigstens eine Sache wieder ab.“
So ist es auch mit dem Glauben. Wer mir folgt, weiß, dass ich in den letzten Jahren viel hinterfragt und ausgemistet habe (in post-evangelikalen Kreisen nennt man das auch dekonstruieren). Ich bin nicht mit allen Fragen und Zweifeln fertig, aber ich habe meinen Frieden damit gemacht, dass ich nicht fertig bin und vielleicht nie fertig sein werde. Ich habe schrille Dekoration und unnützes Beiwerk in die kalte Mülltonne geworfen.
In mir ist es still geworden. Ich kleiner Mensch muss nicht alle Antworten auf die ganz großen Fragen haben. Ein schlichter Glaube ist an die Stelle des Pompösen getreten. Einer, dem oft die großen Worte fehlen. Keine schwärmerischen Gebete beten möchte. Keine Predigten hören muss, um spirituell zu überleben. Es ist ein inneres Aufgehobensein. Wie ein kleiner Vogel in der Hand dessen, der es gut meint.
Mein Glaube ist nicht weniger, er ist nur einfacher geworden.
Ich überfrachte ihn nicht mehr mit Optimierungen und noch mehr Sehnsucht nach großartigen Gotteserfahrungen, sondern ich freue mich an dem, was ist. Es ist befreiend, sich zu befreien. Kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich mal wieder das Beten vergessen habe.
Einfachheit. Schlichtheit. Direktheit. Da klemm ich ein kleines Lichtchen an meinen Glaubenszweig und lass es brennen. Das reicht, um es mir hell in meiner Seele zu machen. Das Licht reicht auch noch für ein paar Leutchen um mich herum. Da brauch ich keine 2000-Volt-Lichtanlage.
Ich finde Gott dieser Tage in dem letzten Krümelchen Geduld am Abend, wenn noch schnell Französisch-Vokabeln abgefragt werden müssen (aber diese Geduld ist äußerst fragil!). Ich finde sie zwischen zerfledderte Seiten geliebter Bücher. In den warmen Falten meines Stricktuchs, das mir den Rücken wärmt. Im Licht, das mir manchmal unerwartet durch die dicke Wolkenschicht zublinzelt.
Heute hat mir eine Freundin eine kleine goldene Papiergirlande geschenkt. Ich habe sie hier- und dorthin getragen. Geprüft, ob sie eine Überladung oder Einladung sein könnte. Jetzt hängt sie am Buchregal. Sie fängt die rar gewordenen Sonnenstrahlen ein, bricht sie in tausend Stücke und wirft sie wie Konfetti in den Raum.
Oh, wie mir diese Worte aus dem Herzen sprechen. Manchmal frage ich mich, wie ich dieses Pompöse früher nur ausgehalten habe. Aber alles hat seine Zeit…
Danke 💕, “wie ein kleiner Vogel, in der Hand dessen, der es gut meint“. Hat mir ins Herz gesprochen…. ich bin genug!!!
Mitten ins Herz. Alles davon.