
Meine Laune wurde in den letzten Wochen durch das sonnige, trockene Wetter aufs Übelste getrübt. Ich schleppe seit April fast täglich 10-20 Gieskannenfüllungen durch den Garten. Vielen Dank, Klimaerwärmung für die vielen Sporteinheiten und die Dauersorge, ob der 1000-Liter-Tank vor dem nächsten armseligen Regenguss noch genug hergibt. Aber nun endlich trällert mein Herz vor Freude. Der Boden matscht unter meinen Füßen und Klumpen nasser Blätter kleben an meinen Gummistiefeln. Unsere Bäume, von denen manche erhebliche Trockenschäden aufweisen, wiegen sich wie ausgebrannte Soldaten nach einer Schlacht in der Sicherheit des ersten Herbst-Dauerregentiefs.
Vorgestern prasselte zum ersten Mal wieder Feuer im Kamin und ich kuschelte mich mit meiner großen Tochter unter eine Decke, trank Tee und schaute mir mit ihr Tier-Dokus an. Apropos Dokus: Ich lege euch “Das Dilemma mit den sozialen Medien” (Netflix) sehr sehr sehr ans Herz. Keine leichte Kost, vor allem für die unter uns, die einen nicht unerheblichen Teil ihrer Zeit auf Facebook, Instagram, Twitter und Co. verbringen.
Was war los in den letzten Wochen (und ja, du merkst es vielleicht – ich bin sehr viel weniger online unterwegs und das macht mein Leben so unfassbar viel reicher!)? Ich bin 46 geworden. 46, Leute! Als ich diesen Blog ins Leben rief, war ich genau 34 Jahre und 364 Tage alt. Er ist mit mir gewachsen und hat mir eine Community geschenkt, von der ich nie zu träumen gewagt habe. Ich habe mit Freunden im Garten gefeiert, wir saßen ums Feuer und erst da merkte ich, wie sehr ich meine Leute in den letzten Monaten vermisst habe. Sie haben mich verwöhnt. Hauptsächlich mit Büchern. Wer mich kennt, kennt auch meine Liebessprache.

Die Kinder gehen wieder zur Schule und so sehr ich auch in sie vernarrt bin, führe ich einen Freudentanz auf, wenn ich morgens die Tür hinter ihnen ins Schloss werfe. Dann schnappe ich mir meinen Kaffeebecher, fülle ihn randvoll und sperre mich in mein Arbeitszimmer, wo mein Buchprojekt konkrete Formen annimmt und ich jetzt fast glauben kann, dass dieses Buch im nächsten Jahr zwei oder drei Leute lesen werden. Ich bin so dermaßen im Flow, dass ich die Welt küssen könnte. Natürlich nur mit Mundschutz, versteht sich. Mein Kopf rennt weiter, während ich mein Superwoman-Kostüm wechsle – also die Kochschürze überziehe und den Mutter-Röntgen-Blick aufsetze und Kürbissuppe koche und Vokabeln abfrage.

Es gibt diese Zeiten in unserem Leben, in denen alles im Flow ist. Projekte gehen voran, die kreativen Säfte fließen ungehindert, Kinder verhalten sich 10 Minuten am Stück vorbildlich, die Kommunikation läuft so gut, dass es unheimlich ist, wir schlafen ausreichend, fühlen uns stark in unserem Körper, haben genug Rückzugsräume. Gott reicht dir die Sauerstoffmaske, setze sie auf, hole tief Luft.
Der Herbst steht vor der Tür und mit ihm eine neue ungewisse Zeit. Manche von euch fürchten sich vor dieser Zeit. Die Dunkelheit, Einsamkeit. Werden wir mit neuen Krankheitswellen konfrontiert? Werden unsere Kraftreserven und Ressourcen reichen? Werde ich mit Isolation umgehen können? Wird mein Unternehmen überleben? Vielleicht kommt es nicht so schlimm. Vielleicht kommt es schlimmer. Vielleicht waren die letzten 6 Monate nur ein Aufwärmetraining. Vielleicht lachen wir in 6 Monaten über unsere Sorgen und Ängste.

Alles, was ich jetzt und hier und heute weiß: Wenn uns das Leben einen guten Tag, eine gute Stunde, eine gute Minute schenkt, dann ist das wie Regen für verdurstende Bäume. Dann lasst uns diesen Tag, diese Stunde, diese Minute trinken wie kostbares Wasser.


Du wirst mich weiterhin am Schreibtisch finden oder in meinem Leseeck oder an der Kappsäge, wo ich Bretter für mein Wandverkleidungsprojekt zuschneide. Du wirst mich in der Küche und im Wald und auf der Couch mit meinen Kids finden. Ich will alles das in meinem Leben kultivieren, was mir und anderen Leben schenkt. Wo du mich nicht mehr oft finden wirst, ist in den sozialen Medien. Sie schenken mir kein Leben. Kein Wasser. Keine Luft.
Was raubt dir im Moment Leben und was schenkt dir Leben?

Soo gut. Nachdenkenswert. Du legst den Finger auf die Wunde, sprichst Klarheiten. In wunderschönen Worten.
Vielen Dank für diesen Blogeintrag.
Du, deine Bilder, Worte und Gedanken, sie bringen tief in mir was zur Ruhe.
Danke dafür!
Hach – du hast so recht. Die sozialen Medien und ich, wir leben uns auch mehr und mehr auseinander. Manchmal mache ich meinen Insta-Account auf und denke: ich könnte so viel mehr machen. So wie all die tollen Frauen, die das täglich befüllen und richtig super Stories machen, so professionell und taff. Und dann stresst mich allein schon der Gedanke daran, so etwas täglich machen zu müssen. Gerade gestern hatte ich dieses Aha-Effekt: Ein lieber Freund, der auf meinen Rat hin mit einem sehr wichtigen Thema zu Insta gegangen ist, macht jetzt richtig fett professionelle Stories und ist mir natürlich innerhalb kürzester Zeit um Längen voraus. Und das hat kurz echt gepiekt in meinem Bauch. Und dann dachte ich aber: Nein, ich will das lieber tatsächlich leben, als es im Netz zu zeigen. Denn wenn ich einen solchen Pseudo-Alltag auf Insta zeigen würde, dann hätte ich keine Zeit mehr, ihn wirklich zu leben und vor allem nicht die nötige Ruhe und Gelassenheit. Von daher – ja zum echten Leben und weniger ja zur Insta-Scheinwelt.
Wobei es natürlich gerade um Frauen wie dich immer wieder schade ist in sozialen Netzwerken. Denn mit deiner Natürlichkeit und dadurch, dass du so authentisch und auf dem Boden bist, bist du ja wirklich eine Bereicherung.
Ich werde bei Insta bleiben. Aber halt nur Montag und Freitag. Gezielt. Sonst verfranse ich mich darin. Und meinen Facebook-Account werde ich demnächst löschen.
Danke, Veronika!
Du wirst mich bald nicht mehr auf Facebook finden, dafür hoffentlich wieder regelmäßig auf meinem Blog und an meinem Küchentisch… 🙂 DAnke fürs Mutmachen, kommt genau richtig! <3
Haha, dann sind wir schon 2, die Facebook verlassen werden!
Hallo Veronika.
Die Antwort auf deine Frage ist etwas paradox für mich. Denn was mir leben gibt, raubt es mir gleichzeitig auch – mein voller Terminkalender. Ich liebe es, unterwegs zu sein, Menschen zu treffen und produktiv zu sein. Doch gleichzeitig nimmt mir das die Luft zum Atmen und die Zeit zum Denken.
Mein Hirn ist im Moment wie ein Sieb, da so viel in meinem Kalender möchte. Ich bin auf der Suche nach dem, was mich jetzt wieder lebendig macht. Und ich ahne, dass es freie Zeit und Ruhe sein könnten.
Ganz liebe Grüße.
Hallo Veronika, danke für deine immer neuen Gedanken auf deinem Blog. Ich liebe es von dir zu lesen und in meinem wirbeligen Alltag kurze Impulse zum Nachdenken zu bekommen, bevor ich wieder von einem der Kids oder irgendeinem herzensprojekt gefordert bin.
Falls du willst, schau doch mal auf Youtube bei wurzelwerk nach (unbeauftrage Werbung, hat mit mir nix zu tun 😏) ganz tolle Garten Ideen vor allem wenn es ums Gießen geht. Habe es in meinem Garten ausprobiert und durch das dicke mulchen meiner Beete muss ich kaum noch wässern. Ein Traum.
Liebe Grüße, Maria
hallo Veronika
ich leite dir ein Kompliment von meinem Mann weiter :-). (wir haben ein gemeinsames Emailkonto, ja, das gibt es tatsächlich…). Er sagte: “Du, diese Veronika Smoor, die schreibt noch gut”, er hatte nämlich die ersten Sätze deines neuen Artikels im Mail gelesen. Als passionierter Hobbygärtner fühlte er sich natürlich sehr verstanden, wenn du dich freust, dass es unter den Gummistiefeln matscht.
Und ich habe heute beim wieder mal Schmökern in deinem Buch “heiliger Alltag” das Kapitel über Dankbarkeit gelesen. Und während ich eine Apfelzwischenmahlzeit schnippelte, versuchte ich dankbar zu sein für die Apfelschwemme. Und nicht nur die Arbeit damit zu sehen. Glücklicherweise mögen unsere beiden Töchter (8 und 6 Jahre) Äpfel auch. Und Bohnen. Und Kürbis. Und Zucchetti. Und Kohlrabi. Und Zwetschgen. Und Kartoffeln. Und Zwiebeln,….:-)
Eine gute, reiche Erntezeit
Liebe Grüsse
Monika