Irgendwann in der Nacht hatte sich unsere Katze erbrochen.
Ich tastete mich im Dunkeln in unseren Holzschuppen, um Brennmaterial für unseren Ofen zu holen und trat hinein. Gott sei Dank war nicht Sommer und ich hatte meine Schuhe an. Mit Glibber am Schuh und Holz in den Armen hüpfte ich ins kalte, dunkle Haus zurück und stemmte mich gegen eine Welle der schlechten Laune und Übelkeit. Nicht heute, mein Freund, nicht heute.
Ich musste gar keine schlechte Laune haben, denn das erledigten bereits meine Kinder für mich, die türenknallend das Haus verließen. Dann: Einkaufen, Hasen füttern, Emails erledigen, Wäsche machen (was ohne Trockner abenteuerlich ist, denn alle behängbaren Plätze in diesem Haus sind mit feuchter Wäsche verziert), Garten umgraben, Mittagessen kochen, Brot backen.
Eine Unruhe macht sich in mir breit. Seit elf Jahren mache ich genau das, was ich tagtäglich tue. In schönster, beruhigender Routine, während die Welt brennt. Ich wäre so gerne eine große Glaubensheldin, eine die Menschen rettet. Aber das Mittagessen muss gekocht und bei den Hausaufgaben geholfen werden. Er fühlt sich gerade eng an, dieser Alltag und ich lasse meine Muskeln spielen, spinne Ideen, schaue nach Stellenanzeigen, träume, träume, träume. Ich bin innerlich so ferne von meinen Alltag und schwärme von großen Glaubenshelden, dass ich fast vergesse, dass du, der du dich blind durch dein Leben tastest und über Hindernisse stolperst ebenso ein Held bist. Und ich auch. Gott beleuchtet Heldentum ganz anders als die großen Scheinwerfer in hippen Churches. Die Letzten werden die ersten sein. Das Kleine ist Gott wertvoll. Er verlässt die 99 Schafe, die er sicher in der Hand hat, um das eine Verlorene zu suchen.
Die Sache ist die: Ich taste mich durch mein Leben wie der Mensch am Morgen auf dem Weg in den Holzschuppen. Ich sehe nur einen Meter weit, und ja: Manchmal trete ich in Erbrochenes und eine Welle der Befindlichkeiten meiner Mitmenschen spült mich an den Rand des Wahnsinns und ich stolpere über liegengelassene Schulranzen und Vesperdosen. Ich kann immer nur den nächsten Schritt gehen und am Morgen beten: Herr, lenke meinen Schritt. Heiliger Geist, zeige mir, was wirklich wichtig ist. Jesus, liebe mich und meine Mitmenschen gesund. Und wenn ich dabei eine Rolle spielen darf, dann stoße mich mit der Nase darauf!
Es ist leichter, sich in den Tagträumen zu verlieren, in denen ich die große Heldin bin anstatt sich dieser Stunde und dieser Minute zu stellen, in der der Müll entsorgt, dem Kind zugehört, der Mann umarmt werden will. Mein Leben ist kein Konzept, das irgendwann in der Zukunft stattfinden wird. Gottes Plan ist hier und heute mit mir. Das Aufwischen von Katzenkotze inklusive. Fühlt sich nicht so irre wichtig an, wie Slumkindern lesen und schreiben beizubringen, aber ich baue auch hier “Reich Gottes” mit meinen winzigen Bausteinen. Nicht die Größe und Wichtigkeit ist entscheidend, sondern die Liebe, mit der ich die Steine an ihren Platz setze und dem Vertrauen, mit dem ich mich durchs Dunkle taste.
Ich hänge meine Küchenschürze zurück an ihren Haken, das Mittessen steht im Ofen. Die Kinder kommen gleich. Und dann finden sie mich hier, mit offenen Armen und Kirschenauflauf. Manchmal ist das Reich Gottes der Arm einer Mutter und eine heiße Mahlzeit an einem kalten Tag.
Jaaaaaaaa!!! ❤️
Mehr habe ich zu diesem wundervollen Beitrag nicht zu sagen.
Vielen Dank für deine Offenheit und diese Gedanken!
Über einen Aspekt, den du erwähnt hast, habe ich gestern Abend mit ein paar Leuten nachgedacht. Wir haben etwas von Spurgeon gelesen („Hast du mich lieb“). Dabei ging es ich um meine Liebe zu Gott und dass ohne sie eigentlich alles umsonst ist.
So wie du es schreibst, „Nicht die Größe und Wichtigkeit ist entscheidend, sondern die Liebe, mit der ich Dinge tue…“
Der Alltag nimmt so viel Platz in unserem Leben ein, da sollte gerade diese Zeit mit Liebe gefüllt sein!!
Ich denke, ich werde mir dein Buch „Heiliger Alltag“ mal zu Weihnachten wünschen. Da schreibst du bestimmt noch mehr dazu ?! 😉
Liebe Grüße von Stefanie.
ja, genau so ist es. Meine Wirklichkeit und meine Träume von großen Taten für Jesus – die klaffen auseinander. Aber ich komme auch immer wieder dahin zu sagen: genau hier ist mein Platz! Meine Aufgabe ist in meinen Augen nichts Großes – aber es ist das, was gerade in dieser Lebensphase dran ist. Und dann werde ich auch wieder froh und dankbar – und die Freude kommt….
Danke für deinen tollen Beitrag!
Doris
Danke für deinen ehrlichen Blogeintrag.
Es tut so gut zu wissen, dass man nicht alleine ist mit den Gedanken, die du beschrieben hast. DANKESCHÖN!
“Für uns Mütter ist es “nur” Alltag, manchmal trist, manchmal überfordernd und manchmal tatsächlich auch langweilig-trotz der vielen Arbeit. Aber für die Kinder ist es ihre Kindheit. Und sie haben nur die Eine.” Machen wir das Beste draus.
Vielen Dank für den Beitrag.
Ich kümmere mich, koche, putze, mache, fahre, wasche, kaufe ein, erinnere, helfe, arbeite, lobe, schimpfe, umarme, kuschle, tröste… Und es fühlt sich an, als komme ich nicht von der Stelle. Aber ja, auch das ist wichtig und gehört zu Gottes Plan für eine Mutter. Den Unterschied macht die innere Einstellung, und meine ist grade angekratzt.
Das Gebet gefällt mir, das möchte ich gerne in meinen Morgen mitnehmen, wenn ich darf.
LG von TAC
Ja das beschreibt unseren Mütteralltag wohl sehr gut. Und als Großfamilien Mama ist man auch noch so viel mehr an diesen Alltag gebunden und so viel ferner der Selbstverwirklichung außerhalb der Familie. Das ist oft genau das, was man sich wünscht und manchmal aber auch kaum zu ertragen.
Viele Grüße
Andrea – die Großfamilienmama
Was für ein wunderschöner und wohltuender Text! Danke dafür. Deine Worte treffen mich ganz tief im Herzen.
Alles Liebe dir, du Alltagsheldin!
Salome
😭😭😭Du hast mich erwischt und das fühlt sich gut und gesund an. Jetzt geh ich meine Kinder küssen und dann ins Bett. Morgen mach ich vielleicht kirschauflauf… oder sicherheitshalber Lasagne. Gute Laune garantiert. Danke für das wortgekonnte oft heilsame und erhellende teilen deiner persönlichen Gedanken. LG Johanna
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Mensch, so gut auf den Punkt gebracht! Danke das du dich von Gott gebrauchen lässt💕!
Liebe Veronika,
besser kann man es tatsächlich nicht mehr ausdrücken. Ein Hoch auf alle Mamis da draußen die wir künstlerisch selbstständig zwischen Familie , Gemeinde, Schule, Haus , Arbeit , ohne Großeltern (vielleicht) zur Seite tagtäglich große und kleine Aufgaben ganz gut meistern. Dostojewski stellte bereits fest, dass wer seinen Alltag meistert ein Held ist. Also wir sind ALLTAGSHELDEN !! Zu sehen was man alleine schafft und schaffen kann ist ein Grund wirklich stolz auf sich zu sein. Das tut auch gut sich das einzugestehen. Danke für deine treffende Beschreibung dieser Alltagssituation. Liebe Grüße Rosetta
Ach danke!