Tipps für Slow Family

(Ich wollte nicht mehr soviel über Familie schreiben?
Haha, manchmal kann ich doch nicht aus meiner Haut….)

IMG_1239_edited-1Slow Family ist in aller Munde.

Auch in meinem. Gerne würde ich behaupten, dass wir absolute Praxisprofis im Sinne der Slow Family sind. So richtig bilderbuchmäßig mit langen, trägen Sommertagen im Garten und am See, in buntes Ökoleinen gekleidet, mit Büchern in Hängematten fläzend und in der Hand unsere Bambusbecher mit Fairtrade-Bio-Coldbrew-Tee.

Ich merke aber: Slow Family kann immer nur eine Annäherung sein. Wir sind halt vier Personen mit sehr unterschiedlichen Ansichten, wie Familie stattfinden sollte und ganz unterschiedlichen Bedürfnissen.

Ich bevorzuge Ruhe und langsame Tage und Kräutertee. Meine Kinder wollen Action und Schleichtiere shoppen und ins Freibad und Zuckerwatte und Übernachtungsparties und soviel Reitstunden wie möglich. Mein Mann möchte eine Standleitung zu seiner Espressomaschine.

Keine einzige Familie dieser Welt passt exakt in eine gehypte Lebensweise…

…oder einen angesagten Erziehungstrend. Alles, was wir tun können ist uns ehrlich anzusehen. Wer sind wir als Familie? Was passt zu uns? (Und nicht: Wie können wir uns passend machen!) Welche Lebensweise haben wir uns in der Vergangenheit übergestülpt, die uns zu eng oder zu weit ist?

IMG_1227_edited-1Wir können uns immer nur annähern. Und immer wieder neu ausrichten. Und trotzdem glaube ich zutiefst, dass eine langsamere, schlichtere Lebensweise die Antwort auf so viele Probleme dieser Zeit ist.

Als die Kinder kleiner waren, konnten wir sehr viel einfacher entschleunigt leben. Ein ganzer Tag daheim, im Garten, mit Spielen in der Natur, mit Lagerfeuer und Stockbrot und Erdbeersmoothies und Mittagsschläfchen nährte uns (diese Tage entsprechen immer noch voll und ganz meinem Herzen). Aber nun rücken andere Dinge in den Fokus: Hobbys. Unternehmungen. Freunde. Lernen. Ordnung halten. Mithilfe im Haushalt. Lange Diskussionen. Anstrengende Gespräche über Gefühle und Ängste und Sorgen.

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Was ist eine aktive Slow Family?

Der Radius wird größer. Der eigene Garten ist zu klein geworden und die Grenzen wollen erweitert werden. Die Welt da draußen lockt mit ihren Möglichkeiten.

Wir sind zu einer aktiven Slow Family geworden.

Unter aktiv habe ich mir immer eine gehetzte, überfrachtete Familie vorgestellt.

Aber das Wort aktiv stammt vom lateinischen agere ab. Das lässt sich u.a. mit steuern und lenken übersetzen

Eine aktive Familie ist also keine, die sich das Ruder aus der Hand reißen lässt und sich vom Verplanungs- und Unternehmungswahn dieser Zeit überrollen lässt.

Eine aktive Familie ist genau das Gegenteil einer fremdbestimmten Familie. Sie ist eine, die steuert. Sie ist eine, die sehr gezielt auswählt. Die zu vielen Dingen nein sagt. Nicht weil ihr Kalender so voll ist. Sondern weil er viele freie Lücken enthält und das weiterhin so bleiben soll.

Eine aktive Familie widerspricht nicht dem Prinzip der Slow Family. Sie passt sich nur an die Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder stärker an.

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Meine Tipps für Familien, die sich fremdbestimmt fühlen und gerne slow leben möchten (aber nicht wissen wo sie anfangen sollen):

  • Betreibt nüchterne Inventur: Was füllt euren Kalender? Eure Wochentage? Euer Wochenende? Eure Ferien? Schreibt das alles auf.

  • Markiert eure Stressoren
    Z.B.
    “Sonntagsausflug”
    “Frühkindliche Förderung”
    “Einkaufen”


  • Was wollt ihr ersatzlos streichen? 
    Was könnt ihr neu gestalten?Euch stresst der allwöchentliche Sonntagsausflug? Dann streicht ihn ohne schlechtes Gewissen. Es werden sich ganz wunderbare Möglichkeiten auftun! Vernachlässigte Brettspiele werden hervorgeholt, verstaubte Malsachen in Betrieb genommen, in der Küche experimentiert, alte Fotoalben angeschaut, und und und…..Ein Kind unter sechs Jahren braucht im Normalfall absolut keine Kurse, keine Förderung, kein ausgeklügeltes Freizeitangebot. Alles was es braucht sind präsente Eltern, Natur, einen vorhersehbaren Rhythmus, Möglichkeit zum Ausleben von Kreativität.Gehst du dreimal die Woche einkaufen? Das frisst unglaublich viel Zeit (und auch Geld). Mach einen Wochenkochplan und mach einen Großeinkauf pro Woche. Kaufe auf Vorrat ein (vor allem bei Sonderangeboten).


     

  • Haltet euren Kalender sauber
    Wenn ihr jetzt eure Woche / das Wochenende / die Ferien ausgemistet habt, dann plant freie Nachmittage und Wochenenden ein. Sagt nein, nicht weil euer Kalender übervoll ist, sondern weil er jetzt leerer ist und so bleiben soll.


  • Und:
    Löse dich von deinen Vorstellungen von Slow Family, wenn sie einfach nicht zu deiner Familie passt und geht mutig euren ganz eigenen Weg in dem Wahnsinnsdschungel aus tausend Familien- und Erziehungsphilosophien.

 

 

 

2 Kommentare zu „Tipps für Slow Family

  1. So ist es! Sehr gut auf den Punkt gebracht. Danke! Ich wünsche euch einen wunderbaren selbstbestimmten aktiven Sommer, und meiner Familie auch :-).
    LG Corinna

  2. Mein Lieblingssatz: Sagt nein, nicht weil euer Kalender übervoll ist, sondern weil er jetzt leerer ist und so bleiben soll.
    Danke für Deine Gedanken. Ich fühle mich verstanden, was eine sehr gute Freundin nicht getan hat – und ich sie leider dadurch verloren habe. Eine Familie entspannt beim Zuhause sein – die andere beim viel auswärts erleben. Der eine mag Schnitzel, der andere nicht.
    Ich wünsch uns allen Kraft, das für uns alle zu akzeptieren…
    Und liebe Grüße an Deine Kinder! Es hat mir gut getan, immer wieder von Eurem Leben zu lesen – und zu merken – schön, wo anders ist es doch so ähnlich! und manchmal kamen die Erkenntnisse dann meinen Kindern zugute!!!

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