Alltäglichkeiten

Zwischen meinem Aufstehen und den Abendstunden passiert selten Aufregendes. Das Spannendste heute war die Salat- und Radieschenernte, die unser Abendbrot bereicherte. Ansonsten sitze ich hier meist still herum und schreibe. Oder werkle im Garten. Oder versorge meine Kinder. Heiliger Alltag eben. Manchmal nehme ich mein altes Buch her und muss mich selbst wieder daran erinnern, warum ich tue, was ich tue. Und warum ich es mit meinem ganzen Herzblut machen möchte:

“Christus wartet in all diesen Tätigkeiten schon auf uns, denn er braucht unsere fünf Brote und zwei Fische für sein Königreich. Wir benötigen keine Konferenzen, keine Seminare, keine Gaben-Tests, um umständlich unsere Berufung herauszufiltern. Denn wir sind schon mittendrin, jeden Tag, zwischen unseren Töpfen und Pfannen. Manchmal hege ich den Verdacht, dass wir in christlichen Kreisen zu lange um das Herausfinden unserer Gaben kreisen, weil wir etwas Besonderes sein wollen. Oder weil unser Alltag so grau und unsexy ist.

Mein Alltag fühlt sich nicht besonders oder wichtig oder sexy an. Ein lebendiger Moment reiht sich an den anderen und ich darf sie unbekümmert und scham-los wie das kleine Kind in der Geschichte Jesus hinhalten. Unsere Momente sind göttliche Funken, aus denen Er seine Geschichte seit Jahrtausenden webt. Mit gewöhnlichen Fischern und Kindern, Shakern und Müttern, Andersgläubigen und Prostituierten, Kranken und Starken. Am Ende der Kette stehen wir. Mit unserem heiligen Alltag, der im grauen Licht eines Mittwochs oder Samstags stattfindet. Jetzt in diesem Moment. Zwischen unseren Töpfen und Pfannen, Wickeltaschen und Laptops, Spüllappen und Bettpfannen.

In unseren Büros und Werkstätten, Gärten und Zimmern.

Heiliger Raum, in dem wir und andere gedeihen. Heiliger Boden, aus dem jeder neue Moment, jeder neue Baustein im Reich Gottes wächst, wenn wir ihn Gott zur Verfügung stellen.

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber schreibt:

Darum gilt es nicht, in einzelnen Stunden nur und mit bestimmten Worten und Gebärden Gott zu dienen, sondern mit dem ganzen Leben, mit dem ganzen Alltag, mit der ganzen Weltlichkeit.

Das ist es. Genau das. Ich wünsche uns, dass wir ohne Scham und Zurückhaltung unsere fünf Brote und zwei Fische geben. Dass wir im Kleinwerden Zufriedenheit erleben. Dass wir in unseren Lebensräumen Gott begegnen. Und dass wir neben aller Mühe und Zerbrochenheit in unserem Alltag etwas von der Schönheit und Heiligkeit entdecken, die von einer Geschichte erzählt, die noch nicht zu Ende ist. Eine Geschichte, in der wir ein Rolle spielen. Zwischen unseren Töpfen und Pfannen.”

(Aus “Heiliger Alltag”)

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2 Kommentare zu „Alltäglichkeiten

  1. Ich habe zu diesem Thema einen wunderschönen Text von Cornelia Grzywa hier stehen:
    „Dienstags um drei
    und der Tag erst halb voll
    und im Topf noch die Reste
    und ich selbst unvollkommen
    wie Dienstags um drei
    Wär es Sonntag um zehn
    hieße ich dich willkommen
    Gut, sagst du,
    gerne
    ich komme
    Dienstags um drei.“

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