Hoffnung

IMG_7046_edited-1Ist die Woche schon wieder rum? Sie war so vollgestopft, dass ich das Verstreichen der Tage kaum bemerkte. Meine Güte, was galoppiert mir der Herbst davon.

Apropos Herbst. Kann es sein, dass unser Wetter verlernt hat zu regnen? Das letzte Mal, dass ich richtigen Regen gesehen habe – also die Art von Regen, die sich wie ein melancholischer Weltuntergang anfühlt – war bei unserer Ankunft in New York City vor fünf Monaten. Mann, ich hab keine Böcke mehr auf Sonne. Wenn auch alle anderen über das Wetter jubeln, ich kann es nicht mehr, weil es mich zu sehr besorgt. Wären wir eine Agrargesellschaft, dann hätten wir aktuell ein massives Problem. Persönlich fände ich Nebel und Matschwetter und Kaminfeuer jetzt mal echt angesagt. Als wir am Wochenende im Wald unterwegs waren, erschrak ich, wie laut sich jedes Blatt anhörte, das vom Baum fiel. Und darüber, dass die Farne am Wegrand alle gestorben waren.

Aber gut, wie der Mensch sich bettet, so liegt er……weiterhin frohlockend im Sonnenstuhl und ignoriert, dass ihm das Klima um die Ohren fliegt.

Mitten in dieser verrückt-bedrückten Zeit will ich nicht wie ein Reh im Scheinwerferlicht auf all das Bedrohliche sehen oder Grabenkämpfe vom Stapel brechen oder fatalistisch alle Viere von mir strecken. Obwohl es verlockt, zu jammern, zu polarisieren, abzuwerten.

Lieber will ich Hoffnungsträgerin sein. In meiner Familie, an meinem Ort. Es gibt eine Zeit zum Kämpfen und eine Zeit zum Lieben. Eine Zeit, das Schlechte in den Mittelpunkt zu stellen und eine Zeit, die Hoffnung zu Wort kommen zu lassen. Die Welt hat selten mehr Hoffnung benötigt als dieser Tage. Eine Sorte Hoffnung, die wir uns nicht wie Scheuklappen vor unsere sehenden Augen schnallen. Sondern die Art der Hoffnung, die scharf hinschaut und gleichzeitig weiß, dass dies nicht der Zustand der Welt sein darf. Eine Hoffnung, die kämpft, nicht aufgibt und besonders an den Tagen liebt, an denen man alles hinschmeißen will. Eine Hoffnung, die weiß, dass da jemand ist, der das Weltenruder trotz allem fest in der Hand hält.

Meine Hoffnungsmomente in dieser Woche:

  • Amelie geht zu einem Selbstbehauptungskurs. Sie soll – anders als ich früher – lernen, völlig zu sich selbst zu stehen, ihre Grenzen zu kennen und nein zu sagen. (Aber ist das nicht verrückt, dass Mädchen in der heutigen Zeit immer noch lernen müssen, sich zu verteidigen? Ich wünsche mir, dass irgendwann Zeiten anbrechen, in denen das andere Geschlecht keine Bedrohung, sondern Bereicherung wird).

  • Die zwei Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege  und Nadia Murad (sie hat einige Zeit in meiner Nähe gelebt!!). Leute, schaut euch ihre Geschichten an. Mitten in rauchender Asche blüht Neues. Ich kriege nicht genug von solchen Hoffnungsträgern!

  • Josefine hat einen Nachmittag mit Klassenkameraden im Wald verbracht. Drei Stunden lang haben sie sorglos gespielt, gebaut, getobt. Analoge Kindheit. Und alle waren wir danach fröhlich aufgeräumt wie schon lange nicht mehr.

  • Menschen, mit denen ich beten kann und die mir zeigen, dass momentane Schwierigkeiten nie das Ende sind.

  • So schön die Kleinkindjahre waren: Es rockt so richtig zu beobachten, wie sich aus diesen Persönchen Persönlichkeiten bilden. Mit eigenen Meinungen, eigenem Stil, eigenen Begabungen. Dieser Tage steht das Klavier nie still, werden unbequeme Fragen gestellt und Positionen erkämpft.

  • Meine Stunden am Schreibtisch. Wenn mir die Worte nur so aus der Feder aufs Papier fließen.

  • Viele Stunden am Esstisch mit Lachen, Schimpfen, Hausaufgaben, Diktat üben, Basteln und immer wieder mit Freunden.

Was waren eure Hoffnungsmomente der Woche?

2 Kommentare zu „Hoffnung

  1. Hallo Veronika,

    toll, dass es noch mehr Menschen gibt, die keine Lust mehr auf Sonne haben. Ich mag das Geräusch des Regens sehr und wünsche mir, dass es so ein richtig schön schmuddeliger Herbst wird.

    Mit den dahin fliegenenden Tagen geht es mir echt genaus so. Ist es jetzt gut, dass wieder ein Tag geschafft, wieder alle Hürden gemeistert, die Kids versorgt, alle Aufgaben erfüllt sind(oder auch nicht) oder gibt es da noch mehr? Aber das ist unser Alltag und wie du so schön schreibst, genau da ist Gott zuhause.

    Ich wünsche dir, dass es weiterhin so toll fließt bei dir.

    Angelika

  2. Welch wahre Worte! Schwarzmalerei in einer viel zu dunklen Welt macht diese nicht heller, sondern noch trostloser. Was nicht heißt, dass man die Augen vor allem verschließen oder Dinge schön reden sollte.
    Mein riesiger Hoffnungs-Moment diese Woche: Der gestrige Einzug in unser neues, altes und mit Mühe und Schweiß über viele Wochen selbst renoviertes Haus. Nach Monaten des chaotischen Familienlebens mit abwesendem Ehemann und Vater und zuletzt fünf Wochen unter einem Dach mit meinen Eltern dürfen wir uns nun wieder ein eigenes Zuhause formen und in meiner alten Heimatstadt neue Wurzeln schlagen. Zwei persönliche Höhepunkte in dieser Zeit: zu sehen, wie viele alte Freunde, Bekannte und Verwandte aus unserer Heimat tatkräftig und aufopferungsvoll ihre Hilfe angeboten haben, trotz teils sehr losem Kontakt in den letzten Jahren. Und zu erleben, wie wohl sich unsere drei Kids von Anfang an fühlen und sichtbar das Mehr an Raum und Garten genießen! So wunderbar zu sehen, wie Gott auch im Chaos versorgt und immer wieder Zeichen seiner Liebe und Nähe schenkt: Ich bin bei dir!

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