Der Regen trommelt aufs Dach und die Katze schläft zu meinen Füßen. Armin ist noch mal zu unserem Haus gefahren, um nach dem Rechten zu sehen. Bis gerade eben war hier noch pralles Leben: den Schulranzen frisch packen, Vorlesestunde, Strumpfhosen-Weitwurf, eine schnelle Auflaufform mit Bananen-Erdnussbutter-Riegeln in den Ofen schieben, Kochplan schreiben, Playmobil-Welten zur Seite räumen, Kinder ins Bett bugsieren.
Nun ist Ruhe. Und mit der Ruhe betritt meine Unruhe die Bühne. Seit Aschermittwoch geht das jeden Abend so. Keine Snacks. Kein Weinchen. Kein Facebook. Was bleibt mir noch? Innere Unruhe. Letztes Jahr empfand ich das Fasten als große Befreiung, als Gewinn. Dieses Jahr fühle ich mich wie ein Baby, dem man gewaltsam den Schnuller aus dem Mund gezogen habe. Ich plärre lautlos in mich hinein. Und dann suche ich mir Alternativen, die keinen schnellen Rückzug aus der Welt bieten. Ich nähe ein wenig an meinem Teppich weiter, den ich vor wenigen Tagen begonnen habe. Aber so richtig Lust habe ich nicht. Neben mir liegt ein packender New-Gothic-Roman (Die amerikanische Nacht von Marisha Pessl), aber den kann ich nur lesen, wenn Armin daheim ist. Ich könnte unser Haus weiterplanen, aber meine Ideenquelle Pinterest ist ein Kaninchenbau, in dem ich stundenlang verschwinde und dann nicht mehr herausfinde.
Vielleicht ist meine Fastenübung in diesem Jahr, die Unruhe nicht gleich zum Schweigen zu bringen, sondern genauer hinzuhören. Woher kommt sie und was macht sie mit mir? Drängt sie mich in eine neue Richtung? Heute hat sie mich nachmittags aus dem Haus getrieben. Atemlos bin ich mit dem Rad und zwei Kindern zwischen kahlen Feldern und einem dramatischen Himmel dahingejagt. An einem Bach stiegen die Mädchen von ihren Rädern und warfen Steine ins Wasser. Ich war versunken in die Betrachtung der grauen Wolkenberge und der kahlen Waldsilhouette. Ab und zu brach ein Sonnenstrahl durch und es roch nach nasser nackter Erde. Wann hatte ich sowas zum letzten Mal getan? Ich sagte laut – so dass es meine Mädchen hörten: Danke für den Wind und den Wald. Danke für den Bach und die Steine. Danke für meine Kindern und meinen Mann. Die beiden starrten mich für ein paar Sekunden an und fuhren dann unbeeindruckt fort mit dem Steinewerfen.
Vorhin hat mich eine Freundin angerufen und gefragt, wie ich den Ausdruck “life is messy” am treffendsten übersetzen würde. Nach einigem Überlegen antwortete ich: “Das Leben ist ungezähmt”. Und genau das fange ich jetzt wieder an zu spüren: Ungezähmtes Leben, das sich in grauen Wolkenbergen, nasser Frühlingserde und innerer Unruhe widerspiegelt. Ich kann mich in den Wind stellen, tausend neue Fragen stellen, mein Leben anschauen, neue Wegen gehen oder das Leben mit Facebook, Schokolade und einem Feierabend-Wein gezähmt glauben.
Aber mein liebes Leben wird immer messy sein. Sagt ja Jesus nicht umsonst: “In der Welt habt ihr Angst….” Angst macht mir alles, was ich nicht zähmen kann. Jesus erkennt das als unumstößliche Tatsache an. Er ist jedoch noch nicht fertig mit seinem Satz: “….aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.”
Es geht wohl letztendlich nicht darum, sein Leben zu zähmen, es in ordentliche Schubladen mit den Aufschriften: “Job / Haus / gelungen Kindererziehung” zu packen. Es ist nicht meine Aufgabe, Gott in meinem eigenen Leben zu spielen, sondern es ihm jeden Tag hinzuhalten als mein kleines messy Geschenk.
Beneidenswert, wie Du das in Worte verpacken kannst, was bestimmt viele Leser genauso empfinden! Ich mache gerade LebeLeichter UND habe das Qualmen aufgegeben. Es ist manchmal sehr schwer, die Unruhe und die Leere auszuhalten. Danke für Deinen Post, herzliche Grüße von einer
stillen Leserin
ich kenne diese innere Unruhe auch. Wenn ich dann in die Natur gehe, das muß ich dann auch dringend machen, empfinde ich Erleichterung und Dankbarkeit für die Schönheit, die ich dort finde, gerade jetzt wenn der Frühling anbricht, aber sonst auch, immer finde ich es draußen schön mit der richtigen Kleidung. Sehr tröstlich, dass Jesus unsere Angst in der Welt kennt, die manchmal sich einstellende Gefühle der Verlorenheit. Danke, Jesus!
LG, e.l.
So, das ist der Anstoß. Ich faste jetzt auch noch Facebook. Ich kann gerade nicht schlafen und durchwühlte bis eben Facebook. Einerseits kann ich kaum damit aufhören, andererseits ödet es mich auch an. So viele tolle andere Leben lassen mich nur schlecht auf mein eigenes schauen. Und dann fiel mir ein, dass ich deinen neuen Blogeintrag noch nicht gelesen habe. Schluss mit dem ollen Facebook. Bis Ostern und vielleicht /hoffentlich länger. Danke.