Heilig Abend fiel aus. Die Krippe wartete am Abend vergeblich auf uns. Im Eiltempo brachten wir die Bescherung hinter uns, bevor eine andere, böse Bescherung sich Bahn brach. Ein Magen-Darm-Virus kam auf Stipp-Visite vorbei, grüßte schnell und heftig und brachte seinen Kumpel namens Mittelohrentzündung mit.
Ich gluckste und lachte vor mich hin. Wir sind nie krank (Erkältung zähle ich nicht zu Krankheiten). Unsere Kinderärztin mustert uns bei den wenigen Besuchen so seltsam irritiert, als wären wir zum ersten Mal in ihrer Praxis. Und nun haute uns das lustige Leben mit voller Breitseite ein Sammelsurium an Infekten um die Ohren. Manchmal, wenn man auf ruhiges Gewässer wartet, bauscht sich im Hintergrund heimlich eine Welle auf, die einen unerwartet umreißt und herumwirbelt und am Ende hart auf den Boden der Tatsachen wirft.
Nun, es war nicht ganz so dramatisch. Ich nahm es mit Humor. Nach zwei Tagen war der Spu(c)k vorbei, ich packte Kamillentinktur und Fiebersaft zur Seite und holte endlich den Rehbraten aus dem Ofen. Das Reh sollte nicht umsonst dem Jäger vor die Flinte gelaufen sein..
Wir kamen dann doch noch zum erholsamen Teil. Die schönste Zeit des Jahres. Die Tage, an denen ich immer vergesse, welcher Wochentag gerade ist. Wenn wir zwischen Strickzeug und Kartenspielen und Büchern und Märchenfilmen versinken.
Die letzten Tage haben wir in meinem Elternhaus verbracht. Dort war ich offline. Kein Blick aufs Handy. Draußen gefror Regen an kahlen Ästen. Nebel saß schwer auf nasser Erde. Amelie und Josefine spielten mit ihrer Cousine Mia. Ich saß am Feuer und las Hemingway (Paris – Ein Fest fürs Leben). Jeder braucht eine zweite Chance. Auch der Ernest. Ich habe mich bisher nicht für ihn erwärmen können und nach dieser Lektüre stehe ich in Flammen. Könnte ich mir eine Epoche aussuchen, in die ich zurückreisen könnte, dann wären es die Zwanziger Jahre in Paris.
Zwischen Hemingway und Kartenspielen und Küchengesprächen schlich sich das neue Jahr heran. Ich habe mich noch nicht mal an die Zahl 2015 gewöhnt und bereits ist sie passe. Das ist in Ordnung. Gestern sagte ich zu meiner 78-jährigen Mutti: “Ist doch eigentlich ganz gut so. Dass die Zeit in Kindheit und Jugend unendlich erscheint und im Alter dahin rast. Stell dir vor, es wäre umgekehrt.” Meine Mutti lächelte und pflichtete mir bei.
Ich freue mich aufs neue Jahr. Es bringt viel Arbeit mit sich. Vielleicht auch unsichtbare Veränderung, an die ich jetzt aber nicht denke. Ich sehe nur die leeren Kalenderseiten. Mit was sie sich füllen werden?
Ach herrje, Magen-Darm unterm Christbaum. Das wäre ja mein persönlicher Albtraum. Aber schön, dass du es mit soviel Humor nimmst. Das erinnert mich irgendwie an die Silvesterpredigt unseres Pfarrers zur Jahreslosung 2016. Er erzählte vom tröstlichen Verhalten seiner Mutter, als er und seine Geschwister alle im Familienurlaub krank wurde und sie komplett gelassen reagierte. Mein Mann und ich mussten uns anschauen und grinsen, denn wir hatten das im letzten Sommerurlaub nicht annähernd so gelassen genommen, als wir nacheinander Magen-Darm im Zelt hatten. Da müssen wir als Eltern wohl noch etwas wachsen :-). Aber wir arbeiten dran.
Ein frohes und gesundes neues Jahr wünsche ich dir und deiner Familie