“Wie schaffst du das alles?”
Diese Frage begegnet mir in letzter Zeit immer häufiger und ich muss jetzt echt mal dringend dieses Missverständnis aus dem Weg räumen. Es mag vielleicht so wirken, als würde ich bombastisch viel erledigt bekommen und noch nebenbei meine Kinder mit leichter Hand erziehen und ein Buch schreiben und ein Foto-Business am Leben erhalten und pro Woche noch ein paar süße Kinderkleidchen nähen. Ähäm. Die Wahrheit? Ich schaffe nicht alles.
Ich hab es versucht. Wirklich. Ich habe meinen Schlaf reduziert, weil ich dachte, wenn mein Tag mehr Stunden hätte, dann würde ich mehr schaffen. Falsch. Der Tag schaffte mich. Und abends war nur die Hälfte aller Aufgaben erledigt. So hechel ich nun schon seit einigen Wochen den kostbaren Stunden hinterher und werde immer dünnhäutiger. Das bekommen vor allem meine Kinder zu spüren. Gestern Abend konnte ich nicht mehr auf ihre Bedürfnisse eingehen (von denen sie im Moment ZUVIELE haben!). Als Kind Nr. 1 und Kind Nr. 2 um neun Uhr abends zum wiederwiederwiederholten Male in der Tür standen, verlor ich ein wenig meine Fassung. Später, im Bett, drückte die Last meines Versagens, meines Leistungsdenkens, meiner Grenzen auf mein Herz. Ich wollte so gerne alles abschütteln, mich umdrehen und einfach einschlafen. Stattdessen erinnerte ich mich an einen Bibelvers, den ich am Morgen gelesen hatte: “Der Herr schafft deinen Grenzen Frieden.” (Psalm 147,14).
In Zeiten, in denen mein Kalender und mein Kopf voll sind, sehe ich Grenzen als Behinderung meiner Effektivität. Obwohl doch ursprünglich meine Begrenzungen zu mir gehören wie die Haare auf meinem Kopf und auf meinen Beinen. Sie sind Teil meiner Persönlichkeit. Sie sind Schutz, Schönheit….und wie Haare an den Beinen lästig. Ich darf Grenzen haben – bei dem einen sind sie weiter gesteckt, beim anderen enger. Aber ich lebe momentan im Unfrieden mit ihnen, weil ich gerne meine Identität an meinem Tun festmache. Aber das, was ich tue und leiste, definiert mich nicht. Meine Definition stand schon vor meiner Geburt fest: “Gut”.
Ich weiß, das ist nicht mein erster Blog-Post zu diesem Thema. Sicher wird es auch nicht der letzte sein. Es ist mein Lebens-Thema, über das ich immer wieder stolpere: Nicht mein Tun definiert mich, sondern das unerschütterliche Werturteil meines Schöpfers.
Glaube ich das wirklich?
PS: Ich muss mal kurz wieder meinen Blogeintrag lesen, den ich zum Jahresanfang über “Fröhliche Gelassenheit” geschrieben habe. Wie schnell man seine Vorsätze in den Wind des Vergessens schießt, nicht wahr?
Ich freue mich immer sehr wenn ich eine Mail bekomme das es einen neuen Blogpost gibt… ich sauge sie auf und am Ende denke ich: JA, genau so ist es !
Und heute geht es mir auch so. Diese Frage kenne ich so gut und kann sie, ehrlich gesagt, nicht mehr hören…Am liebsten würde ich die Menschen die mich das fragen dann mal einladen wenn ich zwar nach aussen hin alles schaffe, aber mein Haus aussieht wie Hulle, meine Kinder abdrehen weil ich nicht ausgeglichen bin und ich mir unkontrolliert Essen reinziehe weil ich dem Druck sonst nicht standhalte… Wenn ich an den Punkten bin weiß ich das ich innehalten muss, mich neu ausrichten muss und mir wieder bewusst machen das Gott allein der ist der mir die Kraft gibt mein Leben so zu leben wie ich es tue! Leider muss ich das auch immer und immer und immer und immer wieder machen…
Danke für diesen Blog und möge Gott deine Arbeit weiterhin segnen!
Liebe Grüße,
Anne
Super Foto! Wie viele Anläufe hast du gebraucht, um den Tropfen als Bild einzufangen?
Hallo Veronika,
nach laengerer Lesepause (mein Leben ist im Moment sehr turbulent..:-)) habe ich ein bisschen in Deinem blog gestoebert und bin auf den post vom 21.05. (“Bin ich noch ganz richtig?”) gestossen. Ich moechte Dir Danke sagen fuer das wunderbare Zitat und die Gedanken, die Du dazu geteilt hast. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass das ein total neuer Blickwinkel fuer mich ist, den ich aber ganz grossartig finde und der mich hoffentlich weiterhin inspiriert und ermutigt, mein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich glaube, dass vor allen Dingen Frauen dazu neigen, sich kleiner zu machen, als sie sind. Keine Ahnung, ob uns das anerzogen ist oder nicht. Aber ich merke, dass mir diese Haltung nicht wirklich gut tut und das sie auch das Leben in uns nicht foerdert, sondern eher ausbremst.
Vielen Dank also fuer diese super Anregung!
LG, Barbara
PS.: Der Kommentar ist jetzt natuerlich etwas deplaziert, aber besser spaet als nie, oder???
Die Lesepause ist wohl umzugsbedingt, oder? 🙂 Ich kann mir vorstellen, dass die Veränderung so einiges auf den Kopf stellt – emotional und ganz praktisch. Ich selbst tu mir auch wahnsinnig schwer mit Veränderung… Danke auch für deinen Kommentar, der überhaupt nicht deplaziert war und den ich mit großer Freude gelesen habe!
Liebe Grüße
Veronika