Bitte entschuldigt die Bilderflut, die euch bevor steht!
Ich war nämlich mit meinem Lieblingsmann in meiner Lieblingsstadt. Diese habe ich die letzten Tage fast nur durch den Sucher betrachtet. Mit dieser Beschäftigung war ich leider nicht alleine. Bamberg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Touristen-Hotspot entwickelt. Dort, wo ich früher gemütlich mit meinem Fahrrad entlangfahren konnte, würde ich heute einige Japaner, Amerikaner und Russen mit ihrem Eis in der Hand umnieten. Aber wahrscheinlich würden sie es gar nicht bemerken, weil sie viel zu sehr beschäftigt sind mit Staunen über Architektur, Schlenkerla (Rauchbier) und hübsche Bambergerinnen.
Es war ein eigenartiges und äußerst köstliches Gefühl als Tourist in meine ehemalige Heimatstadt zurückzukehren. Früher hatte ich alles an Bamberg als selbstverständlich erachtet. Die atemberaubend schöne Innenstadt war lediglich Kulisse für Shopping-Trips, Freundinnen-Dates, Single-Blues und Afterparty-Dramen.
Nach vierzehn Jahren im freiwilligen Exil ist vieles immer noch vertraut. Das Café Müller ist noch da. Und mein Lieblingsbuchladen Fundevogel. Das Schranna-Lädla genauso wie mein heißgeliebter Sub-Stop. Nüssleins Weinstube und der China-Fan-Imbiss (dessen chinesischer Besitzer mittlerweile Stadtrat der CSU ist). Der wunderbare Teeladen Mohrenhaus und das Bolero, wo wir unser erstes Date hatten. Nur meine Stammdisco hat sich umbenannt. Die feiert jetzt übrigens 90er-Jahre-Partys….
Vor genau 10 Jahren feierten wir unsere Hochzeit in Bamberg. Also sind wir zurückgekehrt und haben uns vier sehr faule Tage in dem heiligen Drei-Eck aus Café Müller, Sandstraße und Hain bewegt.
“Jetzt vor genau zehn Jahren stand ich GENAU hier in meinem Brautkleid mit dir und meine Haare wurden vom Regen nass. Das war so romantisch!”
“Weißt du noch? Da oben haben wir gefeiert und überhaupt nichts vom Buffett abbekommen!”
Beim Betreten unseres Hotelzimmers wartete eine Überraschung…
Ein Strauß mit Karte, den meine Eltern dort für uns deponieren ließen. Ich war gerührt! Und dann fiel mein Blick aus unserem Hotelzimmer….
…ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob meine aufwallenden Gefühle meinem Mann oder dieser Stadt golten…
Ok, natürlich auch meinem Mann, der mich immer auf seine Art wissen lässt, dass er mich liebt!!
Mit meinem Lieblingsmann kann ich die schönen Dinge des Lebens auskosten. Wie zum Beispiel stundenlang im Café Müller sitzen und das Leben beobachten. Studenten widmen sich dort wie eh und je dem Schachspiel oder Balzritual. Die Preise sind unverändert. In der Frauentoilette hängt immer noch das Schild mit der Aufforderung, die Toilette BITTE SAUBER ZU HINTERLASSEN, SONST WIRD EINE FIESE KLOFRAU EINGESTELLT!!!! Draußen spielt eine osteuropäische Band südamerikanische Rhythmen. An unserem Nebentisch sitzt ein älterer Bamberger bei seinem Nachmittags-Bier und der Süddeutschen. Hinter uns vergnügt sich ein Pulk von jungen Frauen, die den 90er-Jahre-Marusha-Stil wieder aufleben lassen.
Ein Berliner stört die friedliche Szene. Er baut sich vor den Musikern auf und verströmt eine unterschwellige Aggressivität. Meine Nackenhaare richten sich auf. “Seit einer Stunde spielt ihr hier den gleichen Dreck,” beginnt er zu pöbeln. “Ich halt euer Gejaule nicht mehr aus. Habt ihr mich nicht verstanden, wa?? Ihr sollt dahin zurückgehen, wo ihr herkommt! Nach Bukarest. Oder nach Rumänien! Ihr geht uns hier nur auf die Nerven. HABT IHR MICH VERSTANDEN??”
Das Berliner Männlein bläht seinen Brustkorb mit der selbstsicheren Überzeugung auf, im Recht zu sein. In mir regt sich maßloser Zorn. Am liebsten würde ich ihm in den Brustkorb pieken, damit seine Arroganz wie ein übelriechender Furz entweichen kann. Der biertrinkende Franke neben mir schaut nicht von seiner Zeitung auf. Aber er knurrt laut, so dass es jeder im Café hört: “Du bisd der Aanzich hier, den’s schdörd. Geh wo anners no, wenn’s dir ned bassd.”
Der Marusha-Tisch bricht in lauten Jubel aus: “Ja, wir mögen die Musik! Und hier sind 30 andere Leute, denen es auch gefällt!”
Ich klackse meinen Senf ermutigt drauf: “Schau, dass du fort kommst!” “Ja, schleich dich!” tönt es vom Marusha-Tisch.
Des Männleins Brustkorb sinkt in sich zusammen und es trottet mit lädiertem Stolz davon. Die Musiker strahlen – sicher haben sie die Worte kaum verstanden, aber unsere Unterstützung, die spüren sie.
“Jetzd schaud abbä, dass ihr aweng schönnä schbield,” brummt der biertrinkende Franke vom Nebentisch. Er blickt immer noch nicht von seiner Zeitung auf.
Bamberg ist rau und liebenswert. An manchen Tagen unerträglich grau. Und dann wieder wie ein italienischer Sommertag. Voll Witz und Tragödie. Bamberg ist meine Vergangenheit. Eine Vergangenheit wie ein Magnet, der mich anzieht, wenn ich in seine Nähe komme. Die Kraft wird nicht schwächer, egal, wie lange ich weg bleibe.
Eine Liebe aus der Vergangenheit, die sich wandelt, aber immer kraftvoll bleibt…
one love
One life but we’re not the same….
Danke für diese wunderschöne Bilderflut und die sehr schöne Musiker Geschichte!
Für mich ist Bamberg auch die Stadt der Liebe – wir waren nach unseren standesamtlichen Hochzeit dort in den Mini-Flitterwochen . Ich muss da wieder hin, das ist mir nach deinen tollen Bildern endgültig klar geworden :o)