“Ich hätte gerne ein liebevolles Guten Morgen von Kindern und Mann.
Ich hätte gerne eine Tasse Tee direkt ans Bett.
Ich hätte gerne, dass mich heute eine Freundin anruft und fragt, wie es mir geht.
Ich hätte gerne, dass die Kinder meinen Bedürfnissen gegenüber aufmerksamer sind.
Ich hätte es sehr sehr gerne, dass meine Familie gnädig mit mir und meinem Fehlverhalten umgeht.
Ich hätte heute gerne ein paar Komplimente. Am besten solche über meine Wahnsinnsfigur!”
Das sind die ersten Gedanken meines frischen Montagmorgens. Das Ego-Karussell hat volle Fahrt aufgenommen, bevor ich meinen ersten Tee getrunken habe. Den hab ich mir natürlich selbst gekocht. Der Rest der Familie schläft noch und ich wage es nicht, jemanden mit dem Befehl zu wecken, mir eine Tasse Tee zu kochen. Das könnte für miese Stimmung sorgen.
Ich schlage die Bibel auf. Aber meine Gedanken wollen noch eine Runde im Ego-Karussell fahren. Also lasse ich sie, bis ihnen schwindlig wird. Dann finden sie ihren Ankerplatz in diesen wenigen Worten, die Jesus mal gesagt hat: “Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt.” Das ist wieder typisch für dich, Jesus!
Er haut voll die Bremse in mein Ego-Karussell rein und bittet mich auszusteigen. Weil er weiß, dass die Endstation des Tages Bitterkeit sein wird. Bitterkeit darüber, dass andere Menschen meine Bedürfnisse nicht erkannt und erfüllt haben werden. Weil sie das nämlich nur ansatzweise können und oft gar nicht. Weder mein Mann, noch meine Kinder, noch meine Eltern, noch meine Freunde! Sie sind nämlich genau die gleichen selbstzentrierten Wesen wie ich und der Rest der Menschheit. Jesus weiß, wie wir gestrickt sind. Genau deshalb haut er die Bremse ins Ego-Karussell rein und schlägt vor, dass wir mal ein paar Runden pausieren. Und die anderen auch mal fahren lassen. Ohne Erwartung einer Gegenleistung. Nach der Aussage Jesu steht nämlich ein Punkt. Es folgt leider kein Doppelpunkt oder Komma, hinter dem steht, dass wir durch unser löbliches Verhalten Glück oder Anerkennung oder Zufriedenheit erfahren werden. Der Ausstieg aus dem Ego-Karussell ist keine Rechnung die aufgeht. Es ist eine Form der Liebe, die völlig frei von Manipulation und Erwartung ist. Es ist die Form der Liebe, mit der Gott uns liebt.
So, ich muss los.
Muss ja jetzt meinem Mann eine Tasse Kaffee machen. Der wird schön blöd aus der Bettwäsche schauen. Genauso wie meine Kinder, wenn ich heute ein paar Mal extra tief durchatme und mir meine Ungedulds-Schimpfereien verkneife.