Fröhliche Gelassenheit

Ich bin in ein neues Jahr gestolpert und frage mich nach zwei Tagen im brandneuen 2015 immer noch, wie ich hier gelandet bin. Es war doch gerade erst 2004. Oder 1998. Ich bin völlig unvorbereitet. Noch nicht mal einen neuen Planer habe ich. Dabei stehen die ersten Foto-Shootings an und die Zeit des süßen Nichtstun ist fast vorbei. Am liebsten würde ich etwas von dem Zeitenstillstand zwischen den Jahren hinüberretten ins neue Jahr. Ich möchte wirklich mehr davon: Zeit haben für Menschen, Brettspiele mit den Mädchen spielen, mit meinem Lieblingsmann brunchen gehen, Hollywood-Schnulzen sehen, dicke Schals stricken, Bücher wälzen und zwischendrin ein Haus anschauen.

Das neue Jahr war schneller da, als dass ich gute Vorsätze hätte schmieden können. Ich bin am 1. Januar früh aufgewacht und habe erleichtert festgestellt, dass ich keine Vorsätze brechen werde, weil ich mir nichts vorgenommen habe. Allein der Gedanke, mir irgendwelche hochtrabenden Ziele stecken zu müssen, empfinde ich als ermüdend. Ich möchte diesen ewigen Selbstoptimierungszwang abschütteln, auch wenn ich weiterhin davon überzeugt bin, dass ich an mir arbeiten sollte. Mit 40 Jahren weiß ich endlich, wie ich ticke. Unter Druck gebe ich schnell nach und komme in den Teufelskreis aus Antrieb, Versagen, Scham – weil ICH IMMER ALLES RICHTIG MACHEN WILL. Was ich als zwanghaft pflichtbewusster Mensch aber in allererster Linie brauche, ist fröhliche Gelassenheit.

Heute Nacht fiel mir auf, dass ich bereits auf einem guten Weg bin, Gelassenheit zu lernen. Die Wäsche hängt seit fünf Tagen im Keller bzw. eine Ladung liegt auch noch im Trockner. Normalerweise würde so eine Situation in drei Stufen ablaufen.

1. Leises Bauchgrummeln und erhöhter Puls. “Die Wäsche hängt seit einem Tag im Keller. Sie ist fertig. Sie muss hoch. Sie muss in die Schränke. Jetzt. Sofort!”

2. Das Unwohlsein steigert sich in unterdrückte Panik. “Wenn ich heute die Wäsche nicht mache, dann komme ich in einen Verzug, den ich NIE wieder aufholen werde!”

3. Ich wache um vier Uhr morgens mit Herzrasen auf. “Die Wäsche – röchel!!!” Vergebens ringe ich um Schlaf, bis ich endlich kapituliere, die Wäsche nach oben hole und endlich erschöpften Frieden finde.

Ich bin sowas von happy-clappy, dass ich es ohne Panikanfälle bereits FÜNF Tage lang geschafft habe, die Wäsche zu ignorieren. Fröhliche Gelassenheit – auf einmal bist du da. Und ich will dich nicht mehr gehen lassen. Du bist mein Schlagwort 2015. Wann immer ich meine Hände zu Fäusten verkrampfe, will ich einen Schluck deiner heilenden Medizin!

Ich brauche keine Ziele. Ich brauche vielmehr gute Gewohnheiten, die nicht beim ersten Antreffen einer Flut wieder zusammenbrechen. Und deshalb ist jeder stinknormale Tag mit seinen stinknormalen Entscheidungen so wichtig, denn aus ihnen baue ich einen Damm, der irgendwann nicht mehr so schnell bricht. Ich möchte kein besserer Mensch werden – das werde ich sowieso nie schaffen. Ich will nur ein Mensch sein, der immer öfter gute Entscheidungen trifft anstatt sich von seinen Emotionen überwältigen zu lassen.

Fröhliche Gelassenheit.

Und was ist dein Wort 2015?

9 Kommentare zu „Fröhliche Gelassenheit

  1. Wunderbar geschrieben!

    Mein Wort für 2015 ist Friede.
    Friede in meinem Herzen von Gott.
    Friede, innere Ruhe haben für die Wege die vor mir liegen, keine Angst, einfach Vertrauen.
    Mit dem Wissen, mein Gott will das Beste für mich.

    Frohes neues Jahr
    wünscht Jenny

  2. Guten Abend..
    Gott schenke dir die Fähigkeit, ab und zu mit gutem Gewissen nichts zu tun und den Tag zu geniessen.
    Ich wünsche dir ein schönes neues gesegnetes Jahr!
    Von Herzen alles Liebe von Bea

  3. Klingt gut und mir ging es mit dem Jahreswechsel genau so. Plötzlich ist es da und ich bin eigentlich noch nicht dazu bereit. Aber darauf kommt es ja gar nicht an. Denn Leben findet ja so oder so nur im Hier und Jetzt statt, ganz egal, was der Kalender sagt.
    Ich hab noch kein Wort, aber ich bin auf der Suche. Und die Sache mit der fröhlichen Gelassenheit hat seinen besonderen Reiz für mich, denn genau das brauche ich hier auch tagtäglich…
    DANKE für den tollen Beitrag. Immer lohnswert, hier vorbei zu schauen 🙂

  4. Der letzte Satz ist 1a! Werde ich mir merken und versuchen, umzusetzen. Immerhin bin ich heute schon mal bei Schneeregen gejoggt (Wasser stand in meinen Schuhen) anstatt nur über so ein Scheißwetter zu motzen….

  5. danke für deine worte! sie sind für mich sehr wohltuend! ich habe gerade den inneren schweinehund überwunden und mich gerade zu einem pilateskurs angemeldet. fühlt sich gut an.
    du fragest nach meinem wort des jahres und seit dem lässt mich “fröhliche gelassenheit” nicht mehr los. vielleicht wird es auch mein wort, vielleicht findet sich auch noch ein anderes … “fröhliche gelassenheit passt hier in meinen alltag, in dem mir die fröhlichkeit und die die gelassenheit immer wieder abhanden kommt. nun hängen die beiden miteinander verbundenen wörter in meiner küche und begleiten mich in allem, was mein leben gerade so zu bieten hat.

    ich wünsche dir ein gutes jahr mit fröhlicher gelassenheit und gottes reichem segen!
    kerstin

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