Ein willkürlicher Streifzug durch meinen Montagmorgen und Australien

IMG_1824Ich liege in meinem Lieblingseck, das nach acht Jahren leichte Abwetzungen aufzeigt, umgeben von zerknautschten Kissen und meiner Kuscheldecke. Wenn ich in diesem Eck liegen darf, dann ist die Welt in absoluter Ordnung. Ich spüre, dass heute ein guter Morgen ist. Die Mädchen sind gut gelaunt aufgestanden. Zum ersten Mal ohne Mama-Papa-Crescendo. Wir haben nämlich gestern Abend Josefines Gitterbett höher gestellt und das Gitter soweit hinuntergelassen, dass sie jetzt wie in einem richtigen Bett liegt. Das heißt, ich kann ihr nun einen Gute-Nacht-Kuss geben, ohne Verrenkung meiner Lendenwirbel und Quetschungen meiner Gebärmutter. Heute Morgen also kletterte Amelie aus ihrem Hochbett, legte sich zu Josefine und „las“ ihr vor. So fand ich die beiden also vor. Mein Herz machte tausend Freuden-Saltos!

Später schüttelte ich mir beim Joggen in der Morgenkälte die Müdigkeit aus meinen Gliedern. Während ich durch den Wald trabe, nutze ich oft die Gelegenheit, in mich hineinzuhorchen. Und in mir drin fand ich heute eine Mischung aus völliger Zufriedenheit und nervöser Aufbruchsstimmung vor. Zufrieden, da ich alles habe, was ich brauche und dankbar für meine Morgenrunde. In Aufbruchsstimmung, da ich unter Fernweh und unter Kulturentzug leide (Feuerwehrfeste und Faschingsumzüge und indischer Pizzaservice ersetzen mir keinen Jazzclub oder Lesung oder Kunstausstellung).

Mein Fernweh setzt immer dann ein, wenn es in meinem Leben zu gemütlich geworden ist. Dann sehne ich mich nach Landschaften, die bitte bitte anders als mein geliebter deutscher Wald sind. Wüste, Canyons, Regenwald, Strand, der Duft von Diesel, heißem Asphalt und Salzwasser. Ich habe mich gestern dabei erwischt, wie ich mir im Internet Bilder vom Kakadu Nationalpark in Australien ansah. Dabei entwischte mir der eine oder andere sehnsuchtsvolle Ausrufer: „Der Eukalyptusduft! Die Wasserfälle!! Schwimmen mit Krokodilen!!! Stundenlang mit einem Toyota Landcruiser über staubige Pisten holpern!!! Schlafen unter Sternen und Känguruh-Steaks grillen!!!“ Ich werde nie geheilt sein. Von meiner Sehnsucht nach Abenteuern und anderen Landschaften und dem Geschmack von Freiheit. Daran hat auch mein Status Quo als Mutter und Hausfrau nichts geändert.

Armin saß während meiner australischen Bilder-Orgie neben mir, schmunzelte und schlug mir am nächsten Tag vor, ob wir nächstes Jahr eine Reise in die USA oder nach Thailand buchen sollen. „Beides!“ schrie ich auf, hastete zum Laptop um Flüge auszusuchen. Ach wie blöd, stellte ich fest, ist ja doch ein wenig kostspielig, mit zwei Kindern Fernreisen zu unternehmen. Und ich sehe uns schon im Flugzeug, sechs Stunden nach dem Start: Zwei überdrehte Kinder mit Augenringen so groß wie Monstertruck-Räder, von denen sich eines strikt weigert, sich während der Turbulenzen anzuschnallen und das andere wegen Übelkeit und Langeweile aufheult. Ich will eigentlich nur den neuesten Blockbuster ansehen und Kaffee trinken. Armin und ich schnauzen uns gegenseitig an, wer als nächstes mit einem der Kinder auf die klaustrophobische Miniatur-Toilette gehen darf.

Nachdem ich mir einige Minuten diese Schreckensszenarien vor Augen gemalt habe, ändere ich meine Meinung. Wenn unsere Mädchen 23 sind, also in einem Alter, in dem sie durchaus alleine eine Toilette besuchen können und gemeinsam mit mir den Blockbuster ansehen und Kaffee trinken, dann können wir gerne an die Buchung einer Fernreise denken. Bis dahin sind unser deutscher Wald, unsere Feuerstelle im Garten und die Pferde auf dem Nachbarsgrundstück Abenteuer genug. Seufz. Großes Sehnsuchts-Fernweh-Seufz!

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PS: Dass meine Freundin momentan mit einem Hundeschlitten durch Finnland fährt, ist nicht hilfreich.

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