Verheißung

Vor einiger Zeit saß ich im Wartezimmer des Frauenarztes meines Vertrauens. Ich blätterte in zerstreut in meinem Buch, das ich zum Zeitvertreib mitgebracht hatte. Mit dem “Echo für die Hausfrau” in der Hand wirke ich halt weniger intellektuell. In Wirklichkeit langweilte mich mein Buch und ich äugte sehnsüchtig zur Gala angefüllt mit herrlichstem Promi-Klatsch hinüber. “Nein, Vroni!”, schalt ich mich. “Wirke klug und überlegen!”. 

Neben mir saß ein Mann Ende 20, der ein wenig verloren wirkte inmitten der Frauen mit schwangeren Bäuchen, Gebärmuttervorfall, Pilzerkrankungen, Kinderwunsch, Krebsangst und Hormonschwankungen. Er war nervös. Obwohl sein Äußeres mehr für Coolness und Weltgewandtheit sprach: Nerdbrille, Tattoo, Tunnel im Ohr. Mitten in meine Beobachtung hinein platzte eine junge Frau, die freudestrahlend ins Wartezimmer stürmte, ein Ultraschallbild in der Hand. Sie stürzte sich in die Arme des nerdbebrillten Mannes und rief: “Es hat geklappt! Herzlichen Glückwunsch, Papa!”. In ihren Augen standen Tränen und auch der werdende Papa wischte sich verstohlen mit dem Ärmel über die Augen. Sie hielten sich glücksbeseelt in den Armen, blickten auf das Bild mit dem winzigen Böhnchen und lachten. 

Mir selbst stand das Wasser in den Augen. Sicher hatten die beiden lange auf die Schwangerschaft gewartet. Ich erinnerte mich an den Augenblick, als ich von meiner ersten Schwangerschaft erfuhr. Es war ein Moment von Erfüllung, Glück und Erleichterung. Ich weinte, lachte, jubelte. Und ich spürte die Verheißung, die gemeinsam mit dem werdenden Kind von Monat zu Monat wuchs. Damals führte ich ein Schwangerschaftstagebuch und auf jeder Seite fragte ich mich, wie unser Kind einmal sein würde, was wir gemeinsam erleben würden, was sich alles ändern würde. 

Ja, ein Kind verheißt Veränderung. Das ganze Leben und das ganze Sein wird umgestülpt. Das Denken wird herausgefordert. Und das Kind bedeutet die Fortführung meines Selbst. Ein bisschen von mir liegt in meinen Kindern. Das Erbe (und ich hoffe, es ist ein gutes!) nehmen sie mit in ihr Leben und werden es weiterreichen. Ich erkenne soviel von mir schon jetzt in meinen Mädchen. Der Hang zu Struktur, die Liebe zum Kochen, das Singen, mein (zuweilen merkwürdiger) Modegeschmack, die Bücherliebe. Diese Dinge verankern sich tief in ihren Seelen und werden sie ein Leben lang begleiten. 

An einem wintergrauen Tag vor 2000 Jahren in Betlehem führte Gott sein Selbst mit einem Baby in einer Futterkrippe fort. In diesem Baby lag alle Verheißung der Welt. Maria mit ihren 14 Jahren wusste das. Auch die Hirten spürten die Verheißung. Genauso wie die vornehmen Könige. Es war eine Verheißung, die bis in unser Leben heute reicht und Veränderung bewirkt. Sie schenkt mir Hoffnung, Vergebung, Neuanfänge, Liebe. 

Ich hoffe, ihr habt alles etwas von dieser Hoffnung und Verheißung an Weihnachten spüren dürfen! 

(Das Einzige was ich gerade spüre sind diese elenden Schnapspralinen, die mein Mann zu Weihnachten geschenkt bekam….)

 

 

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