Es ist mal wieder Mittwoch Vormittag. Das ist kostbare Zeit, von der keine Minute verschwendet werden darf. Denn beide Kinder sind außer Haus. Ich bin allein. Ich-Zeit. Schon Dienstag Abend zerbreche ich mir den Kopf, was ich alles in diesen Vormittag quetschen könnte: Bücherei-Besuch, gemütlich Kaffee trinken, Bilder bearbeiten, lang aufgeschobene Emails beantworten, die sich bis zur Decke türmende Ablage erledigen, Kleiderschränke ausmisten, Joggen, Äpfel auflesen und trocknen, telefonieren, lesen, Schuhe kaufen, ein neues Suppenrezept ausprobieren, eine Folge Gilmore Girls schauen, ein Heilmittel gegen Krebs erfinden. Und das ist nur ein Bruchteil dessen, was ich auf meine To-Do-Liste kritzele. Ich müsste das Zeitfenster auf eine Woche ausdehnen, um alles zu schaffen.
Ich merke, wie es an mir und in mir zerrt, ich bekomme weniger Luft. Soviele Dinge, die um meine Aufmerksamkeit buhlen. Hier ein Paar Stiefel, das mir einflüstert: “Kauf mich endlich und tanz mit mir in den Herbst!”. Dort die Hausarbeit, die sich türmt. Der Papierkram, den ich schon seit Monaten aufschiebe. Meine Fitness, die keine mehr ist. Der unnütze Kram, den ich ausmisten will. Die Äpfel, die im Garten unbeeindruckt vor sich hinfaulen.
Heute morgen hab ich alles abgeschüttelt, schnürte meine Laufschuhe und rannte durch den Wald. Ich musste meinen Kopf und mein Herz unbedingt frei bekommen. Ich wollte wieder frei atmen. Ich wandte mich also innerlich den Dingen zu, die mir wirklich wichtig waren. Dem Rest erklärte ich wie eine geduldige Mutter einer aufmüpfigen Kinderschar: “Ihr seid mir wichtig, aber gerade kann ich mich nicht um euch kümmern. Geht spielen und später bekommt ihr meine volle Aufmerksamkeit.”
Meine Lieblingskinder erhalten heute meine Aufmerksamkeit: Schreiben, mein Zuhause ordnen, Joggen und Kochen.
Es fällt mir schwer, mich gleichzeitig auf mehrere Dinge zu konzentrieren. Ja, ich bin nicht multitasking-fähig. Ich will es auch gar nicht sein. Lieber widme ich einer Sache ganz und gar meine Aufmerksamkeit, verliere mich in der Tätigkeit und tauche dann zufrieden wieder auf, um das nächste in Angriff zu nehmen.
Ich werde nie fertig sein. Und so langsam gewöhne ich mich daran, dass mein Leben immer unfertig, unperfekt und aus halb abgearbeiteten To-Do-Listen besteht.
Das, was heute noch um meine Aufmerksamkeit ringt, ist morgen vielleicht schon gar nicht mehr wichtig….