Mütter-Challenge {Tag 5 – Heute erinnere ich mich an die guten Seiten meiner Kindheit. Was will ich übernehmen?}

Ich bin auf einem Bauernhof in den 70ern aufgewachsen. Mit vier Geschwistern. Mit 2000 Hühnern. Mit soviel Freiraum, dass ich mich nicht daran erinnern kann, im Sommer je drinnen gespielt zu haben. Meine Eltern haben hart gearbeitet: die Felder, Hühner, der Garten, Kinder, Bügelwäsche, das Gutshaus, Lehrlinge, Gäste. Wenn man so will, waren wir im weitesten Sinne Selbstversorger. Selbst das Brot buk meine Mutter selbst. Und damit nicht genug – sie verkaufte es auch in unserem kleinen Laden, der in der Küche eingerichtet war und der zu allen möglichen und unmöglichen Tageszeiten von Kunden aufgesucht wurde. Und diese wollten nicht nur ihre Wochenration an Eiern, Honig oder Nudeln, sondern sie lechzten auch nach Gesprächen. Meine Eltern zogen automatisch Menschen mit Problemen an, und nicht selten entwickelte sich aus einem Eiereinkauf ein seelsorgerliches Gespräch. Landstreicher saßen auf unserer Terasse und wurden von meiner Mutter mit einem warmen Essen versorgt. Vernachlässigte Kinder wurden ohne den Gang über die Behörden für kurze Zeit aufgenommen und aufgepäppelt. Russische Asylbewerber fanden ein vorübergehendes Zuhause bei uns. Tansanianische Frauen lebten mit uns, um mehr über Landwirtschaft zu lernen. Feste wurden gefeiert. Familienangehörige wurden zu Grabe getragen.

Inmitten dieses reichhaltigen Familienlebens wuchs ich also auf. Wenn ich zurückblicke, kann ich mich nicht erinnern, dass meine Eltern tagsüber Zeit hatten, mit mir zu spielen oder ein Buch zu lesen. Ich lief einfach irgendwie mit. Ich hatte ja auch genügend Geschwister, die sich um mich kümmerten. Oder mich verdroschen, je nachdem. Aber es gab Eckpunkte, Rituale, die mir Sicherheit gaben und mich der Liebe meiner Eltern versicherten.

Da waren die gemeinsamen Mahlzeiten, unter denen sich der Esstisch bog. Meine Mutter drückte ihre Liebe für die Familie durch die Zubereitung von Essen aus. Es gab kaum einen Tag, an dem sie nicht ein Blech Kuchen buk. Oder Brot. Im Sommer waberte der Duft von frisch eingekochter Erdbeermarmelade durchs Haus. Im Spätherbst knetete sie Stollenteig. Und der Winter brachte uns herzhafte Eintöpfe auf den Tisch. Auch am Nachmittag saßen wir bei einer Kanne Tee und Kuchen zusammen, redeten, schwiegen und genossen einfach das Zusammensein und die kurze Auszeit vom Alltag.

Der Höhepunkt unserer Abende waren die Gute-Nacht-Geschichten meines Vaters. Die dachte er sich selbst aus und spann mit der Zeit eine bunte Fortsetzungsgeschichten, die von Elefanten, Dschungeln, Räubern und Abenteuern handelte. Meine kleine Schwester und ich bekamen nie genug davon! Meine Mutter sang mit uns Lieder. Die Lieder, die ich von ihr lernte, singe ich mittlerweile mit Amelie. Und vielleicht wird sie eines Tages diese jahrhundertealten Schlaflieder ihren Kindern weitergeben.

Und dann noch der Sonntag. Oh, der Sonntag! Wie ich ihn immer herbeisehnte. Dann hatten meine Eltern Zeit! Und ich sog diese wenigen, kostbaren Stunden in mich auf, wenn mein Vater mit uns am Boden kauerte und die bösen Playmobil-Cowboys mit uns dingfest machte und die Playmobil-Pferde striegelte.

Was will ich also übernehmen? Was hab ich sowieso schon ganz automatisch übernommen, weil es mir im Blut liegt?

Ich will Lieder mit meinen Kindern singen.

Ich will ein offenes Haus haben und Gastfreundschaft üben.

Ich möchte meinen Kindern beibringen, was Nächstenliebe heißt (haha, da muss ich noch ein bisschen viel üben)

Ich möchte meine Kinder nicht überbehüten, sondern sie in den normalen Kreislauf des Lebens mit einbinden.

Ich möchte mich ganz meinen Kindern widmen, wenn ich gerade Zeit für sie habe. Und nicht nebenbei auf Facebook, Pinterest, Hotmail etc. surfen (Verdammt seien die modernen Zeiten…)

Ich möchte all das Gute an die nächste Generation weitergeben, was ich von der vorhergehenden Generation gelernt habe!

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