Sonntag – Zeit für die New York Times und dazu literweise Kaffee. Mich fesselt ein Artikel über Jamie Oliver, der nun einen Kreuzzug für gesundes Essen in der ungesündesten Stadt Amerikas antritt. Dort ist jeder zweite übergewichtig. Er will beweisen, dass man mit wenigen und preiswerten Lebensmitteln ein gesundes Essen auf den Tisch zaubern kann, auch ohne den Einsatz von Fertigprodukten. Denn gerade Familien mit geringem Einkommen ernähren sich hauptsächlich von Fastfood, da die landläufige Meinung herrscht, das sei am billigsten (ist natürlich verlockend, wenn KFC damit wirbt, für 5 Dollar eine ganze Familie satt zu bekommen). Er stellt sogar fest, dass Babyfläschchen oftmals mit Kool-Aid (pappsüßes Getränk) und Cola gefüllt sind. Ich wünsche ihm ganz viel Erfolg und dass er zu einem Umdenken beiträgt.
Bin ich einfach nur europäisch oder ist es mein seit Kindheitsbeinen anerzogenes Umweltbewusstsein, wenn ich meine Wäsche bei schönem Wetter draußen aufhänge? Hier ist das nämlich laut der Times ein Zeichen für Armut (man kann sich keinen Trockner leisten…) und eine Wäscheleine mindert den Preis eines Grundstücks oder einer Immobilie. Hier gibt es tatsächlich Gesetze, die das Aufhängen von Wäsche im Freien verbietet. Mich regt das auf. Echt! Sosehr ich die USA mag, in Sachen Umweltbewusstsein sind sie auf dem Stand von vor 40 Jahren. Blöd nur, dass sie nicht noch weitere 40 Jahre auf diese Weise weitermachen können, denn dann steht wahrscheinlich Long Island schon unter Wasser….
Langsam, ganz langsam denken die Amis um: Auf riesigen Werbetafeln wird dazu aufgefordert, das Licht in Räumen zu löschen, in denen man sich nicht aufhält.
In Yarmouth findet eine Parade zum Columbus Day statt und die lassen wir uns nicht entgehen. Mit einem deutschen Karnevalszug kann sie nicht mithalten, aber kurios finden wir sie trotzdem: Dudelsackspieler, Highschool-Bands, Cheerleader, Soldaten, Army-Witwen, Smoky, der Feueraufklärbär, Aufsitzrasenmäher, jonglierende Einradfahrer, Rad schlagende Vierrjährige, aufgebockte Fords und lustlose Pfadfinder.


Den Nachmittag verbringen wir am Strand, ich sammle Muscheln (wofür eigentlich? Daheim bin ich dann immer ratlos, was ich mit ihnen anstelle und lege sie zu den 100.000 anderen Muscheln, die im Bad als Deko Staub fangen), Amelie spielt im Sand und Armin hat Mühe, die im Wind flatternde New York Times zu bändigen.
Auf Reisen ist immer wieder Improvisation gefragt. Besonders wenn es um Amelies wöchentliches Bad geht. Diesmal muss der Putzeimer herhalten. Und sie findet es einfach nur klasse. Erinnert sie wohl an Mamas Gebärmutter (obwohl darin sicher mehr Platz war als in diesem winzigen Eimer).
Das amerikansiche Fernsehprogramm ist genauso schlecht wie bei uns daheim. Auch hier tänzelt die unerträgliche Heidi Klum durch Magermodeldesignercastingshows. Und beim Diet-Tribe geht es um 5 dicke (also im wahrsten Sinne des Wortes) Freundinnen, die einen Pakt schließen, gemeinsam abzunehmen, aber *Hand-empört-vor-den-Mund-schlag* heimlich bescheißen. Ich bin am Boden vor Enttäuschung zerstört: Stromberg ist eine eins-zu-eins-kopierte Sendung aus den USA. Hier heißt sie „Office“ und hat genau die gleiche Kameraführung, Mimik und Charaktere wie Stromberg. Und ich dachte, da war ein deutscher Drehbuchautor mal ganz originell. Wir sind doch amerikanisierter, als wir denken…..